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Rechtsschutz in Strafsachen für Landesbedienstete Rundschr. des Innenministers vom 14. Juni 1967 (Amtsbl. Schl.-H. S. 278) – geändert durch Rundschr. vom 22. Februar 1972 (Amtsbl. Schl.-H. S. 339) – und vom 13. März 1974 (Amtsbl. Schl.-H. S. 250) Im Einvernehmen mit dem Herrn Finanzminister bitte ich, bei der Gewährung von Rechtsschutz in Strafsachen für Landesbedienstete wie folgt zu verfahren: 1. Ist gegen einen Landesbediensteten wegen einer dienstlichen Verrichtung oder eines Verhaltens, das mit einer dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang steht, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft oder eine Untersuchung vor einem Seeamt eingeleitet, die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren oder Privatklage (§ 374 StPO) erhoben, der Erlaß eines Strafbefehls beantragt oder eine Strafverfügung erlassen worden, kann ihm ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs auf seinen Antrag zur Bestreitung der notwendigen Kosten seiner Rechtsverteidigung ein Vorschuß oder, wenn er Dienstbezüge, Vergütung oder Lohn nicht erhält, ein zinsloses Darlehn gewährt werden. Landesbedienstete im Sinne dieser Regelung sind jetzige und frühere Beamte, Angestellte und Arbeiter des Landes. Die Regelung gilt nach § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes auch für Richter und frühere Richter im Landesdienst. Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsschutz ist, daß a) ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung besteht (z. B. weil im Falle einer Verurteilung des Landesbediensteten mit Schadensersatzansprüchen gegen das Land zu rechnen wäre), b) die Verteidigungsmaßnahme (z. B. Bestellung eines Verteidigers, Einholung eines Gutachtens) wegen der Eigenart der Sach- oder Rechtslage geboten erscheint, c) nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß den Landesbediensteten kein oder nur ein geringes Verschulden trifft, d) die Verauslagung der Kosten dem Landesbediensteten nicht zugemutet werden kann und e) von anderer Seite Rechtsschutz nicht zu erlangen ist. 2. Wird der Landesbedienstete in dem Strafverfahren freigesprochen, kann ein Vorschuß endgültig vom Land als Haushaltsausgabe übernommen oder ein Darlehn in einen Zuschuß umgewandelt werden, soweit der Landesbedienstete für notwendige Auslagen Kostenerstattung durch die Staatskasse oder einen Dritten nicht erlangen kann. Das gleiche gilt, wenn a) das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt oder nicht eröffnet wird oder b) der Landesbedienstete außer Verfolgung gesetzt wird und die Annahme gerechtfertigt ist, daß kein oder nur ein geringes Verschulden vorliegt. 3. Wird der Landesbedienstete verurteilt, hat er den Vorschuß oder das Darlehn in angemessenen Raten zu tilgen. Liegt nur ein geringes Verschulden vor, kann der Vorschuß zu einem angemessenen Teil endgültig vom Land als Haushaltsausgabe übernommen oder das Darlehn zu einem angemessenen Teil in einen Zuschuß umgewandelt werden, soweit der Bedienstete für notwendige Auslagen Kostenerstattung durch die Staatskasse oder einen Dritten nicht erlangen kann. 4. In besonders begründeten Fällen können die notwendigen Auslagen nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 3 auf Antrag auch dann auf den Landeshaushalt übernommen werden, wenn bis zum Abschluß des Strafverfahrens ein Vorschuß oder ein Darlehn nicht gewährt worden war. 5. Die Entscheidungen nach Nrn. 1 bis 4 trifft die oberste Dienstbehörde. Die Gewährung von Rechtsschutz ist unter eingehender Darstellung des Sachverhalts und gegebenenfalls Stellungnahme des Dienststellenleiters auf dem Dienstwege bei der obersten Dienstbehörde zu beantragen. Der Antrag ist für jede Instanz neu zu stellen. 6. Unberührt bleibt ein Anspruch nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter in Verbindung mit § 150 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes und ein auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen über den Schadensausgleich bei gefahrengeneigter Tätigkeit beruhender Anspruch des Bediensteten gegen seinen Dienstherrn oder Arbeitgeber auf Übernahme der notwendigen Kosten seiner Rechtsverteidigung und auf Freistellung von den ihm auferlegten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. 7. Gehaltsvorschüsse an Bedienstete, die Dienstbezüge, Vergütung oder Lohn aus Landesmitteln erhalten, sind im Vorschußbuch zu buchen; soweit die Kosten endgültig vom Land übernommen werden, sind sie bei Titel 299 – Vermischte Verwaltungsausgaben – als Ausgabe zu buchen. Darlehen sind als Ausgabe bei Titel 299 – Vermischte Verwaltungsausgaben –, Einnahmen aus Tilgungen von Darlehen bei einem Titel der Titelgruppe 45 bis 60 – Tilgung von Darlehen – zu buchen. 8. Die Ziffern 1 bis 7 finden bei einem Bußgeldverfahren oder einem Zivilverfahren gegen einen Landesbediensteten entsprechende Anwendung. Sie gelten sinngemäß auch in Fällen, in denen ein Landesbediensteter zivilrechtliche Ansprüche gegen Dritte geltend macht, die in Ausübung des Dienstes entstanden sind, soweit deren Durchsetzung nach Ziffer 10 nicht möglich ist. 9. Der Finanzminister hat die nach § 29 Abs. 4 der Wirtschaftsbestimmungen für die Reichsbehörden (RWB) (RMBl. 1929 S. 49) erforderliche Zustimmung zur Auszahlung von Darlehen, die nach diesen Richtlinien gewährt werden, allgemein erteilt. 10. Es wird ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen (§§ 403 ff. StPO), daß der verletzte Beamte einen aus einer Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört, gegen den Beschuldigten schon im Strafverfahren geltend machen kann. 11. Diese Regelung gilt für strafgerichtliche Maßnahmen im Sinne der Nr. 1 Satz 1 und Bußgeldverfahren, die nach dem 1. Januar 1967 eingeleitet werden oder eingeleitet worden sind. Gleichzeitig sind der Erlaß des früheren Reichsministers der Finanzen vom 30. Oktober 1937 betr. Übernahme der Auslagen für die Verteidigung von Kraftwagenführern reichseigener Kraftwagen im strafgerichtlichen Verfahren (Amtsbl. Schl.-H. 1953 S. 120) und meine Erlasse vom 22. September 1964 und 25. März 1965 – I 42 – Nr. 2088 – betr. Gewährung von Rechtsschutz für Polizeibeamte nicht mehr anzuwenden. 12. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts empfehle ich, entsprechend zu verfahren. |