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Schutz der Gesundheit Schwangerer gegen Röteln
Gem. Erlaß des Kultusministers und Innenministers vom 20. Oktober 1970 (NBl. KM Schl.-H. S. 386)
I.I.

Die Gefährdung einer Schwangeren durch eine Rötelinfektion besteht im ersten
Drittel einer Schwangerschaft, vornehmlich in den ersten beiden Monaten.
Erkrankt eine Schwangere in dieser Zeit an Röteln (nicht Masern), so besteht die
Gefahr, daß das Kind mit einer Mißbildung zur Welt kommt. Im zweiten Drittel der
Schwangerschaft ist der Übergang einer Infektion von der Mutter auf das Kind nur
äußerst selten, im letzten Drittel der Schwangerschaft praktisch ausgeschlossen.

Die Gefahr, an Röteln zu erkranken, und damit möglicherweise auch eine
Gefährdung für das Kind, bestehen jedoch nur für Schwangere, die vorher noch nie
eine Rötelinfektion durchgemacht haben und daher keine Schutzstoffe (Antikörper)
gegen diese Erkrankung besitzen. Die meisten Menschen haben in ihrer Jugend die
Röteln gehabt, ohne sich dessen immer zu erinnern; sie sind auf diese Weise
gegen eine neue Infektion weitgehend geschützt. Nach dem heutigen Stande
medizinischer Erkenntnis sind es höchstens 15 bis 20% der Frauen im gebärfähigen
Alter, die keine Schutzstoffe gegen Röteln entwickelt haben und damit potentiell
gefährdet sind, während einer Schwangerschaft an Röteln zu erkranken.

Das Vorhandensein oder Fehlen von Rötelnantikörpern ist neuerdings durch eine
Blutuntersuchung mit dem Hämagglutinationshemmtest festzustellen.

Bei positivem Befund finden sich Schutzstoffe gegen Röteln. Die Möglichkeit
einer erneuten Erkrankung einer schwangeren Frau und damit einer
gesundheitlichen Schädigung des noch ungeborenen Kindes kann praktisch
ausgeschlossen werden. Irgendwelche Schutzmaßnahmen für die Schwangere sind auch
dann nicht erforderlich, wenn in ihrer Umgebung Rötelnerkrankungen auftreten.

Bei negativem Befund finden sich keine Schutzstoffe gegen Röteln. Dieser
Personenkreis ist während der ersten Monate einer Schwangerschaft durch eine
mögliche Rötelninfektion gefährdet.

In jüngster Zeit ist ein Lebendimpfstoff gegen Röteln entwickelt worden, von dem
anzunehmen ist, daß er bei einer Schutzimpfung die Bildung von Rötelnantikörpern
bewirken kann. Es liegen zwar noch nicht genügend Erfahrungen mit diesem
Impfstoff vor, um die Rötelnschutzimpfung von amtlicher Seite im Sinne des § 51
des Bundesseuchengesetzes schon jetzt öffentlich empfehlen zu können; der
Impfstoff ist aber bereits auf dem Markt, und die Impfung kann von jedem
praktizierenden Arzt ausgeführt werden.

Von der Impfung schwangerer Frauen ist aber unbedingt abzuraten, da bisher nicht
ausgeschlossen ist, daß der Lebendimpfstoff die gleiche schädigende Wirkung auf
den wachsenden Embryo haben kann wie das durch Infektion aufgenommene Wildvirus.
II.II.

Bei dieser Sachlage wird auf Grund des § 37 Abs. 3 SchUVG folgendes angeordnet:
(1) Ab sofort unterziehen sich Bewerberinnen für ein Lehramt bei der
amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung einer Blutuntersuchung mit dem
Hämagglutinationshemmtest. Die Kosten werden, soweit eine Beschäftigung im
Landesdienst angestrebt wird, nach dem Erlaß über die Kosten der amtsärztlichen
Gutachten vom 11. Dezember 1963 (Amtsbl. Schl.-H. S. 639; NBl. KM Schl.-H. 1964
S. 1) vom Land übernommen.
Das Ergebnis dieses Testes – positiv oder negativ – ist der Untersuchten durch
das Gesundheitsamt – ggf. über die Schulbehörde – schriftlich mitzuteilen.
(2) Das gleiche Verfahren gilt für Lehrerinnen, die aus anderen Bundesländern
in den Dienst des Landes Schleswig-Holstein übertreten und sich bei ihrem
früheren Dienstherrn noch nicht einem solchen Test unterzogen haben.
(3) Darüber hinaus wird allen Lehrerinnen im gebärfähigen Alter, soweit sie
über ihre persönliche Situation keine Klarheit haben, empfohlen, durch ihren
Hausarzt einen solchen Test einleiten zu lassen. Diese Kosten werden von mir
nicht übernommen.
(4) Schwangere Lehrerinnen (einschl. Lehrerinnen mit dem Verdacht auf eine
beginnende Schwangerschaft) mit negativem oder fehlendem Testergebnis sollten
sich, wenn sie im Dienst mit Rötelnerkrankten in Berührung kommen, von ihrem
Hausarzt beraten und ggf. vorbeugend behandeln lassen (vgl. Nr. IV Abs. 2); bei
fehlendem Testergebnis ist daneben sofort die Untersuchung einer Blutprobe mit
dem Hämagglutinationshemmtest einzuleiten.
(5) Schwangere Lehrerinnen mit negativem oder fehlendem Testergebnis, die im
Dienst mit Rötelnerkrankten in Berührung kommen, sollten während der ersten
Hälfte ihrer Schwangerschaft ihren Arbeitsplatz mit einer nicht gefährdeten
Lehrkraft an einer nicht betroffenen Schule oder schulischen Einrichtung
tauschen. Über einen solchen Tausch hätte die zuständige Schulaufsichtsbehörde
nach Konsultation mit dem zuständigen Gesundheitsamt nach Lage des Einzelfalles
zu befinden.
III.III.

(1) Für weibliche Bedienstete im gebärfähigen Alter, die in Kinder- und
Jugendgemeinschaftseinrichtungen, Kinderkrankenhäusern oder Kinder- und
Infektionsabteilungen von Krankenhäusern beschäftigt sind, gelten die Abschnitte
I und II entsprechend. Bei diesem Personenkreis soll bei der Einstellung
gleichfalls eine Untersuchung mit dem Hämagglutinationshemmtest durchgeführt
werden.
(2) Die Entnahme einer Blutprobe zur Einleitung der Untersuchung kann durch den
jeweiligen Betriebsarzt oder jeden anderen praktizierenden Arzt erfolgen.
(3) Die Kosten für den Hämagglutinationshemmtest werden – soweit es sich um
Landesbedienstete handelt – vom Land übernommen. Den sonstigen Trägern der o. a.
Einrichtungen wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.
(4) Kinder- und Jugendgemeinschaftseinrichtungen sind Einrichtungen gemäß § 48
des Bundes-Seuchengesetzes vom 18. Juli 1961 (BGBl. I S. 1012), das sind
Schülerheime, Schullandheime, Säuglingsheime, Kinderheime, Kindergärten,
Kindertagesstätten, Lehrlingsheime, Jugendwohnheime, Ferienlager u. ä.
IV.IV.

(1) Folgende Laboratorien führen den Hämagglutinationshemmtest durch:
Hygiene-Institut der Universität Kiel,
23 Kiel 1, Brunswiker Str. 2 – 6,
Institut für Hygiene und medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Akademie
Lübeck,
24 Lübeck, Ratzeburger Allee 160,
Virologische Abteilung der Medizinaluntersuchungsanstalt Hamburg,
2 Hamburg 6, Hinrichsstr. 1.
Für die Untersuchung ist die Einsendung von etwa 10 ml Venenblut in sterilen
Versandröhrchen oder Venylen erforderlich.
(2) Eine vorbeugende Behandlung (vgl. II Abs. 4) bei einem fraglichen
Rötelnkontakt kann die Verabreichung von Gammaglobulin sein. Voraussetzung für
den Erfolg der Behandlung ist, daß das Präparat sobald wie möglich nach dem
Kontakt mit dem Kranken verabfolgt wird und daß es sich um ein
Immun-Gammaglobulin mit spezifischer Wirksamkeit gegen Rötelnvirus handelt. Als
Dosierung wird die Verabfolgung von 0,5 ml Gammaglobulin je Kilogramm
Körpergewicht empfohlen.

 

Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein