Vereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule und
Berufsberatung im Lande Schleswig-Holstein
Erlaß des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur
vom 29. März 1999 - III 512 - 0833.453.4 - (NBLMBWFK.Schl.-H. 1999, S. 230)
Vorbemerkung
Die im Jahre 1972 abgeschlossene Vereinbarung zur "Zusammenarbeit von
Bildungsberatung, Schule und Berufsberatung" hat sich als Grundlage der
Kooperation von Schule und Berufsberatung bewährt. Wegen der Weiterentwicklung
des Bildungssystems, neuer Akzentuierungen im Angebot der Berufsberatung und der
neuen Rechtsgrundlagen im Sozialgesetzbuch (SGB) III ist eine Überarbeitung der
Vereinbarung erforderlich geworden. '
Deshalb wird auf der Grundlage
des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (SchuIG) i.d.F. der Bekanntmachung
vom z. August 1990 (GVOBI. Schl.-H. S. 457), zuletzt geändert durch Gesetz vom
21. Dezember 1998 (GVOBI. Schl.-H. S. 460)
des Sozialgesetzbuches III i.d.F. vom 15. März 1998 der Rahmenvereinbarung über
die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung (Beschluß der
Kultusministerkonferenz vom 5. Februar 1971)
des Übereinkommens zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Ständigen
Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über
die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung vom 12. Februar 1971
des Übereinkommens zwischen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder
in der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesanstalt für Arbeit und der
Hochschulrektorenkonferenz über die Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung
und Studienberatung im Sekundarbereich II vom Februar 1992
der gemeinsamen Empfehlung der Kultusministerkonferenz, der Bundesanstalt für
Arbeit und der Hochschulrektorenkonferenz über die Zusammenarbeit von Schule,
Berufsberatung und Studienberatung im Sekundarbereich II (Beschluß der
Kultusministerkonferenz vom 21. Februar 1992)
zwischen dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des
Landes Schleswig-Holstein und dem Landesarbeitsamt Nord folgende Vereinbarung
geschlossen:
1. Ziele der Zusammenarbeit
Berufswahl als Teil der Lebensplanung ist ein Prozeß, der während der gesamten
Schulzeit Heranwachsender stattfindet. Konkrete Berufs- und/oder
Studienwahlentscheidungen sind Resultat dieses von gesellschaftlichen und
individuellen Faktoren beeinflußten Prozesses.
Schülerinnen und Schüler sollen in ihre Entscheidungen ihre individuellen Fähigkeiten
und Interessen ebenso wie die Anforderungen und Chancen der Berufe und
Bildungswege einbeziehen. Eine herausragende Bedeutung hat dabei die Entwicklung
des Arbeitsmarktes.
Sie dabei zu unterstützen, ist Aufgabe von Schule und Berufsberatung. Dies
erfordert eine abgestimmte Zusammenarbeit beider Einrichtungen.
Für die Berufswahlvorbereitung und -beratung steht die Berufsberatung der
Arbeitsämter als vorrangiger Ansprechpartner der Schulen in Schleswig-Holstein
zur Verfügung.
2. Zielgruppen
Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung umfaßt die Sekundarstufen
I und II der allgemeinbildenden Schulen, die berufsbildenden Schulen sowie die
Sonderschulen.
Besonders berücksichtigt werden dabei Jugendliche mit Benachteiligungen,
Behinderungen oder Deutsch als Zweitsprache.
Zur Erweiterung ihres Berufswahlspektrums und zur Durchsetzung der beruflichen
Chancengleichheit erhalten Mädchen und junge Frauen zusätzliche Angebote zur
Berufsorientierung.
Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung bezieht auch Angebote für
Erziehungsberechtigte, Lehrkräfte, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie
für die Beratungsfachkräfte der Arbeitsämter mit ein.
3. Aufgaben der Schule
Die Schule vermittelt im lehrplanmäßigen Unterricht aller Fächer und fächerübergreifend
im Rahmen der Auseinandersetzung mit Kernproblemen wie
"Strukturwandel". und "Partizipation" Einblick in die
wirtschaftlichen, technischen und sozialen Lebensbedingungen unserer
Gesellschaft. In altersgemäßer Weise werden grundlegende Kenntnisse über die
Berufs- und Arbeitswelt vor allem in den Fächern Wirtschaft/Politik und Weltkunde
erworben. Unterrichtliche und außerunterrichtliche Angebote sollen den Schülerinnen
und Schülern helfen, Berufswahlkompetenz zu erwerben.
Im Rahmen der Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung organisiert die
Schule Betriebs- und Wirtschaftspraktika, Betriebserkundungen, ggf.
Werkstatttage und Werkstattunterricht.
Praktika in der Sekundarstufe I dienen der Selbsterprobung und Selbsterfahrung.
Sie geben Einblick in die berufliche/betriebliche Wirklichkeit und verdeutlichen
die Anforderungen der Berufe. Arbeitsorganisation, Arbeitsabläufe und
technologische Entwicklung werden dabei erkennbar.
Praktika in der Sekundarstufe II der allgemeinbildenden Schulen veranschaulichen
überdies im Unterricht erworbene wirtschaftliche Kenntnisse, tragen zum Verständnis
für wirtschaftliches Handeln bei und geben Einblick in die Bedeutung und den
Umfang der technologischen Entwicklung.
Verschiedene Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen bereiten Jugendliche auf
eine berufliche Tätigkeit vor und vermitteln allgemeine, fachtheoretische und
fachpraktische Lerninhalte - auch an außerschulischen Lernorten - als
berufliche Grundbildung.
Die Schule nutzt zur Berufswahlvorbereitung insbesondere die Maßnahmen zur
Berufsorientierung und die vielfältigen Informationsangebote der Berufsberatung
der Arbeitsämter.
Angebote und Maßnahmen Dritter zur Berufs- , und/oder Studienwahl können nach
Prüfung ihrer Objektivität und Neutralität berücksichtigt werden. Im übrigen
wird auf § 49 Schulgesetz verwiesen.
4. Aufgaben der Berufsberatung des Arbeitsamtes
Wesentlicher Inhalt der Berufsorientierung ist die Vorbereitung auf die
individuelle Berufs- und Studienwahl durch Information über betriebliche,
schulische und hochschulische Bildungsgänge, über Berufe und deren
Anforderungen und über die zukünftige Entwicklung auf dem Ausbildungsstellen-
und Arbeitsmarkt.
Zur Berufswahlvorbereitung durch die Berufsberatung der Arbeitsämter gehören
die Berufsorientierung im Klassenverband oder in der Lerngruppe, die Angebote
zur persönlichen Beratung und die Nutzung der Berufsinformationszentren zur
Selbstinformation.
Als Maßnahmen der Berufsorientierung bietet die Berufsberatung u.a.
berufskundliche Vortragsveranstaltungen und Seminare zu Einzelthemen der
Berufswahl an, beteiligt sich an Elternabenden und Berufswahlprojekten der
Schule und unterstützt die Berufswahl durch individuelle Betriebs- und
Berufserkundungen.
Persönliche Beratung bietet die Berufsberatung in Form von Sprechstunden und
Gruppengesprächen in der Schule und in den Dienststellen des Arbeitsamtes und
als Beratung nach Vereinbarung in den Dienststellen des Arbeitsamtes an.
Zu den Angeboten der Berufsberatung gehören auch die Vermittlung in berufliche
Ausbildung, der Nachweis schulischer Ausbildungsplätze, die Information über
Studienangebote und die Beratung über Möglichkeiten zur finanziellen Förderung
der beruflichen Bildung.
Durch die Berufsberatung wird ein am Berufswahlprozeß orientiertes,
zielgruppenspezifisches Medienangebot zur Verfügung gestellt.
Das personale und mediale Dienstleistungsangebot der Berufsberatung ist
gekennzeichnet durch seine Verfügbarkeit, Kontinuität und Neutralität.
5. Formen der Zusammenarbeit
Die Schule ermöglicht der Berufsberatung nach gegenseitiger Abstimmung,
berufsorientierende Veranstaltungen während der Unterrichtszeit durchzuführen.
Die für die jeweilige Klasse oder Lerngruppe fachlich und/oder organisatorisch
zuständigen Lehrkräfte nehmen an diesen Veranstaltungen teil, um z.B. die
Ergebnisse im Unterricht auswerten und vertiefen zu können.
Die Schule empfiehlt den Schülerinnen und Schülern die Inanspruchnahme der
Beratungsangebote der Berufsberatung und die Wahrnehmung der Selbstinformationsmöglichkeiten
in den Berufsinformationszentren.
Für die Inanspruchnahme der Beratung wird - soweit erforderlich und unter Berücksichtigung
schulischer Belange vertretbar - den Schülerinnen und Schülern
Unterrichtsbefreiung gewährt. Das gilt auch für die Teilnahme an ärztlichen
oder psychologischen Eignungsuntersuchungen bei den Fachdiensten des
Arbeitsamtes.
In der Schule finden regelmäßig Sprechstunden der Berufsberatung statt, um den
Schülerinnen und Schülern, Sorgeberechtigten oder auch Lehrerinnen und Lehrern
die Kontaktaufnahme zu erleichtern.
Die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den Berufsberatungsstellen der
Arbeitsämter wird dadurch gefördert, daß die Berufsberatung jeder Schule eine
Beratungsfachkraft zur Betreuung benennt. Die Schulen benennen der
Berufsberatung eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner.
6. Übergreifende Formen der Zusammenarbeit auf Landesebene
Schule und Berufsberatung informieren sich rechtzeitig, wenn geplante Veränderungen
Auswirkungen auf die Aufgabenwahrnehmung des Partners haben.
Die Berufsberatung der Arbeitsämter in Schleswig-Holstein unterstützt die Aus-
und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern für die Aufgabe der
Berufswahlvorbereitung.
Bei der Weiterentwicklung von Inhalten, Methoden und Verfahren der
Berufswahlvorbereitung arbeiten Schule und Berufsberatung eng zusammen. Dies
schließt auch Modellversuche und die Evaluation von Verfahrensweisen ein.
Zur Pflege und dem weiteren Ausbau der Zusammenarbeit wird ein
Koordinierungsausschuß auf Landesebene eingerichtet. Er setzt sich aus je einer
Vertreterin oder einem Vertreter der Sekundarstufe I und II der
allgemeinbildenden Schulen, der berufsbildenden Schulen und mindestens zwei
Vertreterinnen oder Vertretern des Landesarbeitsamtes Nord, Abteilung
Berufsberatung, zusammen.
Der Ausschuß ist zuständig für alle grundsätzlichen Fragen der
Zusammenarbeit zwischen Schule und Berufsberatung. Er kann darüber hinaus zur
Ausgestaltung und Erweiterung der Zusammenarbeit initiativ tätig werden.
Der Ausschuß tagt i.d.R. halbjährlich. Tagungsort, Federführung für die
Einladung und Protokollführung wechseln zwischen den Kooperationspartnern.
7. Inkrafttreten
Diese Kooperationsvereinbarung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in
Kraft. Gleichzeitig wird die Vereinbarung zur "Zusammenarbeit von
Bildungsberatung, Schule und Berufsberatung" (Erlaß vom 5. Juni 1972 -NBI.
KM. Schl.-H. S. 158) aufgehoben.
Rendsburg, den 29.3.1999
Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes
Schleswig-Holstein
Die Ministerin Ute Erdsiek-Rave
Bundesanstalt für Arbeit vertreten durch das Landesarbeitsamt Nord
Der Präsident Georg Fiedler