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Beurlaubungen zu Beginn der Schulpflicht entsprechend § 22 Abs. 2 Satz 3 SchulG
Erlass des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft vom 27. März 2014 — III 217
(NBI. MBK. Schl.-H. 2014 S. 92)

Nach § 22 Abs. 1 SchulG werden mit Beginn des Schuljahres alle Kinder schulpflichtig, die bis zum 30. Juni des laufenden Kalenderjahres sechs Jahre alt geworden sind.
Eine Zurückstellung vom Schulbesuch sieht das Schulgesetz nicht vor.
Es trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass sich die Chancen eines Kindes, erfolgreich am Unterricht in der Eingangsphase teilzunehmen, durch ein Hinausschieben des
Schuleintritts im Regelfall nicht verbessern lassen.
Vielmehr ist es Aufgabe der Schule, alle Kinder entsprechend ihrem jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstand individuell zu fördern.
Dies kann insbesondere durch die flexible Ausgestaltung der Eingangsphase geschehen, innerhalb derer die ersten zwei Jahrgangsstufen entsprechend der individuellen
Lernentwicklung auch in drei Schuljahren durchlaufen werden dürfen (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SchulG).
Ein drittes Jahr wird dabei nicht auf die Höchstdauer des Schulbesuchs angerechnet. Dennoch ist aber nicht jedes Kind zum vorgesehenen Einschulungszeitpunkt in der Lage,
erfolgreich in der Eingangsphase mitzuarbeiten.
Das geltende Schulgesetz verlangt deshalb nicht ausnahmslos, dass Kinder mit Erreichen des Schulpflichtalters tatsächlich am Unterricht teilnehmen müssen.
Vielmehr heißt es in § 22 Abs. 2 Satz 3: „Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, am Sprachförderkurs oder am Unterricht in der Eingangsphase
teilzunehmen, können nach § 15 beurlaubt werden.".

1. Wichtige Gründe für eine Beurlaubung
Leitendes Prinzip für die Beurteilung, ob eine Beurlaubung aus wichtigem Grund erfolgen kann, ist das Kindeswohl. Insbesondere ist abzuwägen, ob es unter Würdigung aller
medizinischen, psycho-logischen und (sonder-) pädagogischen Aspekte dem Wohl des Kindes dient, wenn sich der Beginn seiner schulischen Laufbahn um den Beurlaubungszeitraum
verzögert. Wenn erkennbar ist, dass sich seine Chancen, erfolgreich am Unterricht in der Eingangsphase teilzunehmen, durch eine Beurlaubung nicht verbessern lassen, so ist sie
als für das Kind nicht förderlich abzulehnen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Kind in seiner Entwick-lung oft gerade dadurch profitiert, dass es in der Schule
individuell gefördert und durch die Gemeinschaft mit Gleichaltrigen angeregt wird. Positive Effekte dieser Art sind namentlich bei leichten Entwicklungsverzögerungen zu
erwarten, die somit in der Regel keinen wichtigen Grund für eine Beurlaubung darstellen.
Nach diesem Maßstab können wichtige Gründe für eine Beurlaubung insbesondere sein:
- Eine langfristige schwere, z. B. onkologische Erkrankung.
- Eine langfristige Rekonvaleszenz und die damit einhergehenden therapeutischen Maßnahmen, die eine regelmäßige Teilnahme am Unterricht verhindern, z. B. nach chirurgischen
Eingriffen.
- Die Frühgeburt eines Kindes (Geburt vor Vollendung der 37 SSW).
- Eine Gefährdung der seelischen Gesundheit eines Kindes, z. B. in psychosozialen Belastungssituationen wie die Trennung der Eltern oder der Tod eines Elternteils oder die
Aufnahme in eine Pflege- oder Adoptionsfamilie zum Zeitpunkt des Eintritts in das Schulpflichtalter.

2. Dauer der Beurlaubung
Die Beurlaubung erfolgt regelmäßig für den Zeitraum von einem Jahr. Sie kann auf entsprechenden Antrag der Eltern jederzeit wieder aufgehoben werden mit der Folge, dass das Kind von diesem Zeitpunkt an am Unterricht in der Eingangsphase teilnimmt. Der Zeitraum einer Beurlaubung wird gemäß § 22 Abs. 2 Satz 4 SchulG nicht auf die Dauer des Schulbesuches angerechnet. Die Eltern sind darüber zu informieren.

3. Verfahren Der Antrag auf eine Beurlaubung aus wichtigem Grund ist von den Eltern (§ 2 Abs. 5 Satz 1 SchulG) bei der zuständigen Grundschule zu stellen. Die Grundschule führt nach Eingang des Antrages mit den Eltern ein Gespräch über die Möglichkeiten einer schulischen Förderung ihres Kindes und beteiligt gegebenenfalls das zuständige Förderzentrum.
Danach leitet die Grundschule den Antrag mit einer Stellungnahme an die untere Schulaufsichtsbehörde (Schulamt), die über den Antrag auf Beurlaubung entscheidet.
Sie hat bei ihrer Entscheidung das schulärztliche Gutachten, die Stellungnahme der Grundschule, ggf. die sonderpädagogische Stellungnahme und etwaige von den Eltern vorgelegte weitere
medizinische und psychologische Befunde zu würdigen.
Die untere Schulaufsicht kann darüber hinaus eine ergänzende schulärztliche Stellungnahme oder eine zusätzliche schulpsychologische oder sonderpädagogische Begutachtung veranlassen.

4. Inkrafttreten Dieser Erlass tritt am 1. August 2014 in Kraft.

Dirk Loßack Staatssekretär

Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein