Koalitionsvertrag 2017

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Koalitionsvertrag 2017 

Auszug Koalitionsvertrag 2017


Bildung und Wissenschaft
Allgemein bildende Schulen

Unser gemeinsames Ziel ist es, allen Menschen in Schleswig-Holstein durch beste Bildung und individuelle Förderung größtmögliche Chancen und beste Entwicklungsperspektiven zu eröffnen. Wir wollen gerechte Chancen für jedes Kind in Schleswig-Holstein, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Begabungen oder Handicaps, Kinder mit und ohne Deutschkenntnissen sowie mit und ohne Eltern. Die Debatte um Schulstrukturen steht für uns nicht im Vordergrund, sondern die Stärkung der Qualität an allen Schulen. Dabei haben wir die staatlichen Schulen genauso im Blick wie die Schulen in freier Trägerschaft und die Schulen der dänischen Minderheit.

Wir werden erhalten, was sich bewährt hat, und behutsam, gut vorbereitet und im Austausch mit den Schulen, Schülerinnen und Schülern, den Eltern und weiteren AkteurInnen und Akteuren notwendige Veränderungen voranbringen. Dabei wird es uns um die Verbesserung der Qualität von Bildung und mehr Bildungsgerechtigkeit gehen. Die Koalition bekennt sich zur bestehenden Schulstruktur aus Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und berufsbildenden Schulen als weiterführende Schularten.

Demografischer Wandel, heterogene Lerngruppen, Globalisierung, Digitalisierung, Inklusion, Herausforderungen der Demokratie und die Integration stellen große Aufgaben dar. Dabei ist die Grundlage aller Teilhabechancen eine verbesserte frühkindliche Bildung in den Kitas und eine verbesserte Elementarbildung in den Grundschulen. Einer intensiveren Kooperation an den Übergängen zwischen Kita und Grundschule, Grundschule und weiterführender Schule sowie der beruflichen und akademischen Bildung kommt dabei zentrale Bedeutung zu. Diese qualitativen Verbesserungen und die Neuordnung der Kita-Finanzierung stellen Leitprojekte der Koalition dar.

Demokratie, Vielfalt und Selbstbestimmung müssen früh erlernt werden. Wir wollen Kinder von Beginn an mitbestimmen lassen. Angemessene Demokratieprojekte sollen in den Kitas und allen Schulformen ein festes Angebot sein.

Die Qualitätssteigerung und -sicherung stellt für uns in allen Bereichen das zentrale Anliegen dar. Wir streben eine verbesserte Unterrichtsversorgung an allen Schularten an. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll die Unterrichtsversorgung mindestens 100 Prozent betragen. Unser Ziel ist es, die Anzahl der Schul- und Ausbildungsabbrecherinnen und -abbrecher zu verringern. Zu diesem Zweck wollen wir unter anderem die in Schleswig-Holstein niedrigen Bildungsausgaben pro Schülerin und Schüler anheben.

Lehrerinnen und Lehrer und ihre Kompetenz verdienen eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung. Die Belastungssituation von Lehrkräften und deren Entlastung werden wir in den Blick nehmen. Eltern leisten einen bedeutenden Beitrag für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder. Eltern und ihre Vertretungen verdienen eine verstärkte Beteiligung und Unterstützung ebenso wie Schülerinnen und Schüler sowie ihre Vertretungen.

Das Begriffspaar „Bildung und Erziehung“ wird wieder im Schulgesetz verankert.

Schulen sollen die Chance auf mehr Freiraum und Selbstverwaltung erhalten. Gleichzeitig wollen wir die Schulaufsicht strukturell und personell stärken und Angebote externer Evaluation erhalten. Wir wollen Schulen auch befähigen, mit geeigneten Messinstrumenten noch stärker interne Evaluation zu betreiben. Dazu gehören auch altersgerechte Feedbackformate für Schülerinnen und Schüler.
Gemeinsam mit den Kommunen werden wir die Schulen unter Inanspruchnahme von Bundesmitteln sanieren. Die kompatible, flächendeckende Digitalisierung aller Schulen in Schleswig-Holstein in den Bereichen Arbeiten,

Lehren und Lernen unter optimaler Ausnutzung von Bundesmitteln haben wir uns vorgenommen.
Die Finanzierung frühkindlicher und schulischer Bildung wird u.a. gemeinsam von Land und Kommunen getragen. Dies führt in den Bereichen Digitalisierung, Inklusion, Ganztagbetreuung etc. immer wieder zu komplizierten und hemmenden Finanzierungsstrukturen.

Gemeinsam mit den Kommunen ist im Rahmen der Überarbeitung des kommunalen Finanzausgleichs auszuloten, ob eine transparentere Zuordnung der Zuständigkeiten zu verbesserten Grundvoraussetzungen führen kann.

Mehr Eigenverantwortung für Schulen

Unsere Schulen sollen sukzessive mehr Gestaltungsspielräume in Anspruch nehmen können.

Wir werden gemeinsam mit den Kommunen ein Modell für die eigenverantwortliche Schule mit eigenen Finanz- und Fortbildungsbudgets entwickeln. Die Schulen können selbstständig darüber entscheiden, ob sie dieses Modell umsetzen wollen.

Wir wollen die allgemein bildenden Schulen zur besseren Erfüllung ihrer Koordinationsaufgaben unterstützen. Hierfür werden wir prüfen, inwiefern wir Flexibilisierungsmöglichkeiten analog zum Modell der berufsbildenden Schulen einführen und zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stellen können.

Im Zuge der Stärkung der Eigenverantwortung von Schule wird eine verbesserte Begleitung und unterstützende Beratung seitens einer verstärkten Schulaufsicht sowie Evaluation erforderlich. Durch Instrumente wie
Ziel- und Leistungsvereinbarungen und Anreizsysteme soll, gestützt auf die Erfahrungen aus den berufsbildenden Schulen, die Schulentwicklung gefördert werden. Dabei sollen regelmäßige Lernstandserhebungen, die die Leistungsentwicklungen der Schülerinnen und Schüler darstellen, für Schulen und Schulaufsicht eine wichtige Grundlage bilden.

Gesunde Schule
Die Unterstützung von Lehrkräften sowie deren Gesundheit ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, um das wir uns stärker kümmern wollen. Wir werden ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements an Schulen erstellen und umsetzen. Dabei soll der Belastungs- und Aufgabenzuwachs der vergangenen Jahre berücksichtigt werden, der insbesondere durch administrativen Mehraufwand, die wachsende Heterogenität der Schülerschaft, Inklusion und Integration entstanden ist. Dies soll auch dazu dienen, eine Grundlage für eine eine sogenannte § 59 - Vereinbarung nach dem Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein zum betrieblichen Gesundheitsmanagement zu haben. Wir werden es einigen Modellschulen – falls gewünscht – ermöglichen, variable Arbeitszeitmodelle zu entwickeln und zu erproben.

Gesundheit ist nicht nur für Lehrkräfte ein wichtiges Thema. Daher werden wir die vielfältigen Ursachen für Stress im Schulleben genau untersuchen und Maßnahmen dagegen vorschlagen. Dafür werden wir einen Kongress zum Thema „Gesunde Schule“ durchführen und im Abschluss mit den Beteiligten Handlungsfelder und Maßnahmen identifizieren. Zur „Gesunden Schule“ gehört auch die Verpflegung mit ausgewogenen und nahrhaften Lebensmitteln, die zudem aus der Region kommen und dem Saisonangebot entsprechen.

100 Prozent Unterrichtsversorgung und Lehrerbedarfsanalyse
Bei der Unterrichtsversorgung werden wir die transparente Bestandsaufnahme weiterentwickeln. Dabei wollen wir neben der Ausweisung des Defizits bei den Lehrerstellen auch die Bedarfe in Fächern erfassen sowie die Qualifikation des unterrichtenden Personals berücksichtigen. Wir wollen an allen Schularten bedarfsgerecht und schrittweise die Unterrichtsversorgung auf mindestens 100 Prozent erhöhen.

Wir werden zukünftig für alle Schularten und Schulfächer den voraussichtlichen Bedarf an Lehrkräften fortlaufend ermitteln und darüber mit den Einrichtungen der Lehrerbildung in einen Austausch eintreten, um unter anderem bedarfsgerechte Ausbildungskapazitäten (z.B. für Sonderpädagogik) und gute Studienbedingungen (z.B. in den MINT-Fächern) zu schaffen.

Auf Grundlage dieser Daten werden wir ein Personalentwicklungskonzept vorlegen, um die Fachlehrerversorgung flächendeckend zu gewährleisten. Wir werden den Quer- und Seiteneinstieg sowie die Anerkennung
ausländischer Lehramtsabschlüsse evaluieren und weiterentwickeln.

Die Fort- und Weiterbildung wollen wir für alle Lehrkräfte stärken und weiterentwickeln. Den Schulen werden wir dazu mehr Freiräume und Eigenverantwortung geben. Das Fort- und Weiterbildungsangebot wollen wir unter Einbeziehung des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) attraktiv und bedarfsorientiert gestalten.

Der Schulleitung kommt eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Schulqualität zu. Schulleitung ist ein eigenes Berufsfeld. Auf die komplexen Managementaufgaben fühlen sich viele Lehrerinnen und Lehrer nicht hinreichend vorbereitet. Wir halten die Einführung einer systematischen Personalentwicklung auch für Schulleitungen für erforderlich. Dabei wollen wir ebenso Diversitätsaspekte verstärkt mit in die Schulleitungen und die Fortbildungen tragen. Vorhandene Spezialprogramme für künftige Führungskräfte in Schulen wollen wir ausbauen.

Unser Ziel ist es, die Grundschullehrkräfte mit A 13 zu besolden. Als Konsolidierungsland können wir jedoch keine Vorreiterrolle einnehmen. Wir werden uns in der Kultusministerkonferenz für eine bundesweit einheitliche Regelung einsetzen. Unabhängig davon werden wir die Besoldung der Grundschulleitungen erhöhen.

Schulen mit besonderen Herausforderungen mit Bildungsbonus stärken
Wir werden einen Bildungsbonus für Schleswig-Holsteins Schulen entwickeln und damit beginnen, Grundschulen und weiterführende Schulen in der Sekundarstufe I in Sozialräumen mit besonderen Herausforderungen mit besserer Personalausstattung zu unterstützen. Wir werden prüfen, wie wir auch das Ziel „Kein Kind ohne Mahlzeit“ in diesem Rahmen unbürokratisch umsetzen können.

Grundschulen
Mehr Zeit zum Lernen
Wir wollen die Unterrichtsstunden an den Grundschulen anheben. Dazu werden wir sie in einem ersten Schritt in Klasse eins und in einem zweiten Schritt in der Klasse zwei um eine Stunde anheben und dazu jeweils 40 neue Lehrerstellen schaffen.

Kurze Beine – kurze Wege
Für uns gilt der Grundsatz: Kurze Beine – kurze Wege. Wir wollen auch weiterhin den Erhalt von kleinen Grundschulstandorten. Die Grundschulstandorte sollen auch weiterhin auf ELER-Mittel zurückgreifen können und
pädagogische Freiheiten für den Erhalt eines Standortes bekommen, wenn Schulkonferenz und Schulträger das wünschen und dies im Rahmen der regulären Stellenzuweisung möglich ist.
Wir werden Grundschulen in begründeten Fällen einen Sicherstellungszuschlag gewähren, damit auch kleine Außenstellen besser erhalten werden können.

Flexibler Eintritt in die Grundschule
Eltern, Kindertagesstätten und Grundschulen legen das Fundament für einen erfolgreichen Bildungsstart unserer Kinder. Wir wollen die Übergänge zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen so flexibilisieren, dass Kinder vorzeitig eingeschult oder vom Schulbesuch zurückgestellt werden können, wenn Eltern, Kinder- und Jugendärzte gemeinsam mit Schulärztinnen und - ärzte dieses in Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten befürworten.

Freie Schulwahl und Grundschulempfehlung
Die Eltern in Schleswig-Holstein haben weiter das Recht auf freie Schulwahl. Ab dem Schuljahr 2018/19 werden die Grundschulen zur Vorbereitung eines gelingenden Übergangs von der Grundschule in die weiterführen den Schulen im Rahmen eines verpflichtenden Beratungsgespräches eine schriftliche Grundschulempfehlung analog zum baden-württembergischen Modell erteilen, welche weiterführende/n Schulart/en die Schülerin oder der Schüler aus pädagogisch-fachlicher Sicht besuchen sollte. Die Grundschulempfehlung ist der weiterführenden Schule von den Erziehungsberechtigten verpflichtend vorzulegen. Das Letztentscheidungsrecht hinsichtlich der Wahl der weiterführenden Schule verbleibt bei den Erziehungsberechtigten.

Über die verschiedenen Wege der allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen zum Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss, zum Mittleren Schulabschluss und zum Abitur, sowie in die duale Ausbildung werden Eltern sowie Schülerinnen und Schüler umfassend informiert und beraten.

Richtig schreiben
Grundschülerinnen und -schüler werden zukünftig wieder verpflichtend eine verbundene Schreibschrift erlernen. Richtig zu schreiben, werden wir an den Grundschulen wieder von Anfang an vermitteln.

MINT-Offensive
Wir werden eine umfassende MINT-Offensive in allen Schularten starten, um den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich zu stärken. Schulprogramme und Lehrerfortbildungen werden ausgebaut. Ein besonderes Ziel ist es, Mädchen stärker für den MINT-Bereich zu begeistern. Um gute Grundlagen zu legen und den fachfremd gegebenen Unterricht zu reduzieren, streben wir an, zukünftig ausschließlich Lehrkräfte, die mindestens eines der Fächer Deutsch oder Mathematik studiert haben, an unseren Grundschulen einzustellen.

Zeugnisse
In allen Grund- und Gemeinschaftsschulen werden ab der dritten Klasse wieder standardisierte Notenzeugnisse mit einem Kompetenzraster eingeführt. Die Schulkonferenzen dieser Schulen können im bisher zulässigen Rahmen entscheiden, ob sie statt oder ergänzend zu den Notenzeugnissen erweiterte Kompetenzraster und/oder Entwicklungsberichte erteilen wollen. Wir werden den Schulen als Hilfestellung Muster an die Hand geben.

Durchlässigkeit erhöhen
Zur Sicherstellung der bereits bestehenden Durchlässigkeit wollen wir noch bestehende Hürden nach dem Ersten allgemeinbildenden bzw. dem Mittleren Schulabschluss beseitigen. In der Sekundarstufe I wollen wir in begründeten Einzelfällen die Durchlässigkeit in jedem Jahrgang ermöglichen. Bei Eintritt in die Oberstufen sollen bei der Profilwahl neu aufgenommene Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt sein.

Klassenwiederholungen als pädagogische Maßnahmen ermöglichen
Wir werden Klassenwiederholungen als pädagogisch begründete Hilfe durch Entscheidung der Zeugniskonferenz im besonderen Einzelfall ermöglichen. Wir werden die Möglichkeit zur Rückstellung von Schülerinnen und Schülern bei Zustimmung der Eltern in allen Klassenstufen ermöglichen.

Weiterführende Schulen
Wir werden das Zweisäulensystem der beiden weiterführenden Schularten und die Übergänge an den berufsbildenden Schulen weiterentwickeln mit dem Ziel, die Qualität sowohl des Ersten allgemeinbildenden und Mittleren Schulabschlusses als auch das Abitur in ihrer Qualität zu stärken. Die beiden Säulen sind für uns gleichwertig, haben jedoch unterschiedliche Bildungsaufträge und unterschiedliche pädagogische Konzepte.

G9 – Mehr Lernzeit am Gymnasium
Wir werden ab dem Schuljahr 2019/20 an den Gymnasien flächendeckend G9 - beginnend mit den Jahrgängen fünf und sechs - einführen.
Nachdem die Umstellungsmodalitäten dieser Leitentscheidung feststehen, haben Gymnasien, die dies wünschen, einmalig die Wahlfreiheit, bei ihrem bisherigen G8- oder Y Modell zu verbleiben. Für diese Entscheidung ist ein Votum der Schulkonferenz mit Dreiviertel-Mehrheit der gewählten Mitglieder in geheimer Abstimmung notwendig.

Vor der Umsetzung werden wir im Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern und weiteren Akteurinnen und Akteuren die Modalitäten der Lernzeitverlängerung sorgfältig vorbereiten. Dabei werden wir die Erfahrungen der Umstellung aus Niedersachsen und Bayern mit einbeziehen.

Im neunjährigen Gymnasium soll der Nachmittagsunterricht in der Unter- und Mittelstufe im Vergleich zu G8 reduziert werden.
Wir werden in der Oberstufe den neu aufwachsenden G9-Jahrgängen zwei zusätzliche Stunden zur Verfügung stellen. Dies ist ein erster Beitrag, um eine Vertiefung in den Kernfächern sowie in der digitalen Bildung und Informatik, der politische Bildung sowie eine verstärkte Berufs- und Studienorientierung zu gewährleisten.

Berufsorientierung
Wir werden an den weiterführenden Schulen über die Vielfalt der Wege und Möglichkeiten des allgemein bildenden und berufsbildenden Schulsystems, der dualen Ausbildung und des Studiums an Fachhochschulen und Universitäten sowie über den Anschluss und die Übergangsmöglichkeiten informieren. Unser Ziel ist es, die Berufs- und Studienorientierung an den Schulen sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Sekundarstufe II zu intensivieren und praxisnäher aufzustellen. Dazu wollen wir im Dialog mit den Akteuren ein Gesamtkonzept der Berufsorientierung für Gymnasien und Gemeinschaftsschulen unter Beteiligung der berufsbildenden Schulen erarbeiten und auch den Einsatz von Berufsschullehrkräften in der Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen prüfen.

Gemeinschaftsschule – Ort des gemeinsamen Lernens
Gemeinschaftsschulen zeichnet der Ansatz des gemeinsamen Lernens aus. Auf Basis der KMK-Vereinbarungen können Gemeinschaftsschulen eigenständig über die Form der Differenzierung (äußere und innere Differenzierung) entscheiden. Wir werden ihnen ermöglichen, in den Klassen sieben bis zehn die naturwissenschaftlichen Fächer gesondert zu unterrichten.

Oberstufen
Die bestehenden Oberstufen werden wir erhalten, sofern sie die schulgesetzlichen Voraussetzungen erfüllen; diese werden wir nicht ändern. Wir gehen davon aus, dass sich derzeit kein Bedarf für zusätzliche Oberstufen abzeichnet. Mögliche Anträge werden, auch im Sinne der Planungssicherheit von Schulen und Schulträgern, auf langfristige Perspektiven intensiv geprüft.

Unser Ziel ist es, die Studierfähigkeit der AbiturientInnen und Abiturienten zu verbessern. Dabei werden wir prüfen, wie wir wieder mehr Wahlfreiheit in der Oberstufe einführen können, um die fachlichen Vertiefungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler ihren Neigungen entsprechend zu stärken.

Abschlussqualität
Zur besseren Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse werden wir mittelfristig in weiteren Fächern zentrale Abschlussprüfungen sowohl beim Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss, beim Mittleren Schulabschluss und dem Abitur nach den KMK Bildungsstandards einführen und Schleswig-Holstein verstärkt am gemeinsamen Aufgabenpool der Länder zu gemeinsamen Prüfungsterminen beteiligen.

Zur Erhöhung der Qualität des Abiturs werden wir stichprobenhaft externe Zweitkorrekturen einführen.

Fachanforderungen
Wir haben den Anspruch, mit den neuen Fachanforderungen eine hohe fachliche Qualität in allen Bereichen zu erreichen. Wir werden die Umsetzung auch aufgrund der Einführung von G9 eng begleiten und bei der Umsetzung auftretende fachlich erforderliche Korrekturen vornehmen.

Inklusion qualitativ stärken
Inklusive Bildung bleibt weiter ein wichtiges Ziel der Landespolitik. Es geht nun darum für die Umsetzung gute Bedingungen und eine bessere Unterstützung der Lehrkräfte zu schaffen. Wir werden uns in der kommenden Legislaturperiode auf den qualitativen Ausbau der Inklusion konzentrieren. Dabei stimmen wir darin überein, dass in erheblichem Umfang zusätzliche Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen benötigt werden. Dazu soll der Bereich bis 2024 um jährlich 70 neue Lehrerstellen für Sonderpädagoginnen und -pädagogen gestärkt werden, die an den allgemein bildenden Schulen und Förderzentren sowie auch an den berufsbildenden Schulen zusätzlich tätig werden. Bis 2024 werden damit 490 neue Stellen geschaffen.

Wir werden die bestehenden Förderzentren grundsätzlich erhalten. Die Angebote für inklusive Beschulung bleiben erhalten. Beide Angebote werden unter Ressourcengesichtspunkten gleichgestellt. Inklusive Schule muss nicht gemeinsamen Unterricht in jedem Fach bedeuten, sondern kann andere Lösungsansätze beinhalten.

Allgemein bildende und berufsbildende Schulen sollen mit Förderzentren zukünftig enger kooperieren und Klassen einrichten können. Dabei unterstützen wir, wenn auf Dauer Förderzentren und allgemein bildende Schulen sowohl gemeinsam Klassen oder Lernangebote einrichten oder temporäre Angebote mit einer besonderen Betreuung anbieten. Schulen aller Schulformen werden wir auf Basis des aktuellen Schulgesetzes die Möglichkeit geben, besondere Schulkonzepte zur Realisierung der Inklusion mit und ohne Förderschwerpunkt weiterzuentwickeln und zu praktizieren und sich zu einem Best-Practice- und Hospitationsnetzwerk zusammenzuschließen, soweit Schulen dies wünschen.

Die unterschiedlichen Unterstützungssysteme Schulbegleitung, Schulassistenz, Schulpsychologinnen und -psychologen, Sozialarbeiterinnen und -arbeiter sollen im Interesse eines effizienteren Ressourceneinsatzes neu geordnet und sinnvoll zusammengeführt werden, um damit auch das Arbeiten in multiprofessionellen Teams zu ermöglichen. Dabei sollen regionale Poollösungen entwickelt werden.

Wir prüfen sowohl eine Zusammenlegung der Förderzentren G und LSE sowie die Ansiedlung von Schulbegleitung auf Landesebene, um die vorhandenen Mittel im Sinne der Schulen sowie der Schülerinnen und Schüler
besser zu bündeln.

Begabte und leistungsstarke Schülerinnen und Schüler fördern
Die individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler ist der Schlüssel für eine auf Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zielende Bildungspolitik. Die Begabungspotenziale der Schülerinnen und Schüler müssen – unabhängig von ihrem schulischen Bildungsweg und ihrer sozialen Herkunft – möglichst frühzeitig erkannt werden, damit sie ihre besonderen Fähigkeiten entfalten und weiterentwickeln können.
Die Schulen und insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer übernehmen hierbei eine wichtige Aufgabe. Sie tragen Sorge dafür, dass besondere Begabungen nicht nur erkannt, sondern auch gefördert werden.

Wir bekennen uns zur gemeinsamen Bund-Länder-Initiative zur Förderung leistungsstarker und potenziell besonders leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler. Dazu werden wir die Schulen bei der Entwicklung und schrittweisen Umsetzung von Konzepten einer leistungsfördernden Schulentwicklung unterstützen, die sich schulformübergreifend an Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen eins bis zehn richtet und auch die Sekundarstufe II miteinbezieht. Die Ergebnisse der Schulentwicklung werden wir umsetzen.
Darüber hinaus werden wir die bestehenden Programme der Begabtenförderung in Schleswig-Holstein weiterentwickeln sowie die Zusammenarbeit zwischen Gymnasien und Hochschulen verstärken.

Wir werden allen Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihre Lernzeit bis zum Abitur individuell um ein Jahr verkürzen zu können. Ihnen wollen wir eine Lehrkraft als Mentorin oder Mentor zur Seite stellen, die sie dabei unterstützt.

Integration auch durch gute DaZ-Angebote
Sprache und Bildung sind die Grundvoraussetzungen für eine gelingende Integration und Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitswelt. Das Beherrschen der deutschen Sprache trägt entscheidend zum Bildungserfolg der bei
uns schutzsuchenden Kinder und Jugendlichen bei.

Den Schulen kommt hierbei eine zentrale Rolle zu. Ohne ihre engagierte Arbeit kann die Integration nicht gelingen. Daher werden wir die Kurse „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) und die Ausbildung der Lehrkräfte für DaZ bedarfsgerecht anpassen. Den Übergang von der Basis- in die Aufbaustufe werden wir flexibilisieren.

Insbesondere werden wir Lehrkräfte mit Migrationshintergrund oder entsprechendem sprachlich-kulturellen Hintergrund motivieren, als Lehrkraft tätig zu sein.

Wir wollen den Schulen in freier Trägerschaft Mittel für den DaZ-Unterricht zur Verfügung stellen, um auch ihnen zu ermöglichen, Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Muttersprache aufzunehmen. Wir werden dazu einen DaZ-Zuschlag prüfen.

Herkunftssprachlicher Unterricht
Wir wollen Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, ihre Herkunftssprache zu vertiefen. Dazu werden wir an Schwerpunktschulen entsprechende staatliche Angebote – auch als Alternative zum Konsulatsunterricht, auf dessen Inhalte das Land keinen Einfluss hat – schaffen.

Religionsunterricht
Unsere Schulen sind Orte der Vielfalt. Das sollte sich noch stärker bei den Angeboten zu Religionsunterricht und Philosophie zeigen. Wenn wir die Vielfalt ernst nehmen, müssen wir auch in diesem Bereich mehr Angebote schaffen.

Wir werden den konfessionsgebundenen Religionsunterricht an den Schulen erhalten. Den deutschsprachigen Islamunterricht werden wir weiterentwickeln und bedarfsgerecht ausweiten.

Verlässliche Ganztagsangebote
Viele Ganztagsangebote an unseren Schulen sind unterfinanziert und entsprechen nicht den qualitativen Anforderungen an ganztägige Bildung und Betreuung. Eine bessere Verzahnung der Ganztagsangebote mit au-
ßerschulischen Organisationen und Einrichtungen ist erforderlich. Wir wollen bis Ende 2022 den Ausbau eines verlässlichen Ganztagsangebotes an den Grundschulen. Eltern sollen sicher sein, dass ihre Kinder auch nach Schulschluss gut aufgehoben sind. Dazu wollen wir gemeinsam mit den Schulträgern zu einer Neuordnung der Finanzierung kommen. Ziel ist, Qualität und Finanzierung der verschiedenen Angebote in der Nachmittagsbetreuung zu vereinheitlichen, den Schulen mehr Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung einer verlässlichen Ganztagsbetreuung zu gewähren, um so ein vielfältigeres Bildungsangebot und eine verlässliche Betreuung entsprechend den Wünschen der Eltern zu ermöglichen. Die derzeit gebundenen Ganztagsschulen bleiben davon unberührt.

Bewegung und Sport
Bewegung und Sport sind für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von zentraler Bedeutung. Gemeinsam mit dem Landessportverband, Kitas, Schulen u.a. wollen wir Maßnahmen entwickeln, um Sport und Bewegung in unseren Bildungseinrichtungen zu stärken. Wir werden prüfen, inwieweit wir in Zusammenarbeit mit dem Landessportverband und den Schulträgern an Grundschulen einen sportartübergreifenden Bewegungscheck zur Ermittlung der motorischen Fähigkeiten und Neigungen von Schülerinnen und Schülern durchführen können. Wir unterstützen das Ziel, dass alle Kinder bis Ende der Grundschulzeit schwimmen lernen und werden in Abstimmung mit den Organisationen im Bereich der Schwimmausbildung Maßnahmen auch für ältere Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer entwickeln.

Darüber hinaus werden wir prüfen, wie wir in Zusammenarbeit von Schulen, Sportvereinen und Landesfachverbänden die Talentsuche und -förderung verbessern. Dazu wollen wir gemeinsam mit dem organisierten Sport ein Projekt auflegen, welches künftig Talente entdeckt, und prüfen, wie das System der Partnerschulen des Leistungssports bedarfsgerecht ausgebaut werden sollte.

Schulabsentismus gemeinsam bekämpfen
Wir werden ressortübergreifend und gemeinsam mit den Kommunen, der Kinder- und Jugendhilfe sowie dem Landespräventionsrat ein Konzept gegen den Schulabsentismus entwickeln und den Schulen an die Hand geben.

Schulen in freier Trägerschaft
Schulen in freier Trägerschaft sind eine Bereicherung unserer Schullandschaft. Wir wollen daher das Anerkennungsverfahren ohne Beeinträchtigung der Qualität weiter vereinfachen.

Wir wollen die bestehenden Wartezeitregelungen für Schulen in freier Trägerschaft überprüfen. Die Ersatzschulfinanzierung werden wir sukzessive weiterentwickeln. Mit Beginn des Schuljahres 2018/2019 werden wir die
Förderung bei den berufsbildenden Schulen schrittweise auf 82 Prozent erhöhen.
Des Weiteren werden wir prüfen, wie wir zum selben Zeitpunkt die besonderen Bedarfe der berufsbildenden Schulen mit dem Schwerpunkt Technik auch im investiven Bereich berücksichtigen können.

Schülerinnen und Schüler von Halligen und Inseln unterstützen
Wir werden Schülerinnen und Schüler der Inseln und Halligen des Kreises Nordfriesland beim Schulbesuch auf dem Festland analog zum sogenannten „Helgoland Stipendium“ schnellstmöglich unterstützten.

Sexuelle Vielfalt
Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler diskriminierungsfrei leben können. Diskriminierung gegenüber Lesben, Schwulen, bi- sowie trans- und intersexuellen Menschen findet auch in unseren Schulen statt. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt soll im Unterricht an geeigneten Stellen altersgerecht thematisiert werden, um Wissen zu vermitteln aber auch um Vorurteile und Stereotypen abzubauen.

Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt wollen wir stärker in der Fort- und Ausbildung für Lehrkräfte verankern und setzen uns dafür ein, dass in den Fachanforderungen des für Bildung zuständigen Ministeriums sexuelle
Vielfalt altersgerecht thematisiert wird. Unterrichtsmaterialien sollen unter Aufsicht des für Bildung zuständigen Ministeriums eingesetzt werden.

Schulbaumodernisierungsprogramm
Ziel ist es, den Schulbau zu stärken. Dazu wollen wir Bundesmittel einsetzen und die gesetzliche Grundlage über IMPULS schaffen, um Haushaltsüberschüsse des Landes in Höhe von 50 Millionen Euro auch für kommunalen Schulbau einsetzen zu können. Grundlage ist eine Bestandsaufnahme nach einheitlichen Kriterien. Ziel ist es, mit der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs zukünftig die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihrer Verpflichtung im Schulbau nachzukommen.

Mitbestimmung

§ 80 des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein werden wir überarbeiten. Hierbei ist uns eine vielfältige Vertretung der unterschiedlichen Interessen der Lehrerschaft an den verschiedenen Schularten im Hauptpersonalrat wichtig. Daher werden wir das Wahlverfahren zum Hauptpersonalrat überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Länderübergreifende Bildung

Wir wollen die Kooperation mit Hamburg intensivieren. Der Schulbesuch im jeweils anderen Bundesland muss problemlos möglich sein. Unser Ziel ist eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung zwischen den angrenzenden Kreisen und Bezirken in Schleswig-Holstein und Hamburg, auch im beruflichen Bereich. Wir streben an,Verhandlungen über ein Gastschulabkommen auch mit Mecklenburg-Vorpommern aufzunehmen.

Aufgrund der Verflechtung durch die Metropolregion und der touristischen Prägung unseres Landes prüfen wir, ob eine Harmonisierung der Ferienregelungen mit Hamburg möglich ist.

Der Bildungsföderalismus hat sich nicht in allen Teilen bewährt. Die im Grundgesetz geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist aufgrund der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder bislang nicht erreicht.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass das bestehende Kooperationsverbot abgeschafft wird.

Wir werden eine Bundesratsinitiative zur Einsetzung einer Enquetekommission auf den Weg bringen. Diese soll Eckpunkte für einen Staatsvertrag erarbeiten, der u.a. zur Angleichung der Schulstruktur der Länder und dem Abbau bestehender Hemmnisse beim Wechsel in ein anderes Bundesland dienen sowie eine vergleichbarere Qualität, insbesondere der Schulabschlüsse, sichern soll.

Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein