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Medizinische Versorgung und Medikamentengabe bei behinderten
Kindern und Jugendlichen während der Schulzeit Ausgangslage: In zunehmenden Maße werden chronisch erkrankte oder behinderte Schülerinnen und Schüler an allen Schularten des Landes beschult. Eine notwendige medizinische Versorgung, die Gabe von Medikamenten oder eine Sondenernährung verunsichern häufig Lehrkräfte und pflegerisches Personal bezüglich der rechtlichen Absicherung. Die Schulen werden sich auf eine veränderte Schülerschaft einstellen müssen, da niemand wegen seiner Behinderung vom Schulbesuch ausgeschlossen werden darf und das Recht auf Bildung und ein regelmäßiger Schulbesuch sichergestellt werden muss. Eine Sicherstellung der Vorortversorgung wird aufgrund der ansteigenden Ganztagsbeschulung in Zukunft noch wichtiger für die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Da viele Kinder mit chronischen Erkrankungen auf regelmäßige oder notfallbedingte Medikamenteneinnahme angewiesen sind, ist es für die Lehrperson unumgänglich, sich ggf. mit denn Thema zu befassen und sich exakte Anweisungen von den Eltern oder evtl. sogar vom Arzt geben zu lassen. Rechtliche Situation: Lehrkräfte und letztendlich auch die Pflegekräfte können aus dem Dienstverhältnis heraus nicht verpflichtet werden, medizinische Maßnahmen (Medikamentengabe, Injektionen, Sonde legen, Kathetetisieren oder zeitlich exakte Verabreichung genau dosierter Medikamente) vorzunehmen. Zur Notfallhilfe sind alle Lehrkräfte und Pflegekräfte, die in der Regel Ersthelfer sein sollten, ebenso verpflichtet wie jeder andere Mitbürger auch. Im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung sind die Lehrkräfte darüber hinaus für den Unterrichtsablauf und den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gefahr (§ 36 SchulG SH) gehalten, sich über die Problemlage zu informieren und im Notfall für eine unverzügliche ärztliche Hilfestellung Sorge zu tragen. Es gibt vermehrt Kinder, die auf ärztliche Verordnung Medikamente / Stimulanzen während der Schulzeit benötigen (u.a. ADs/ADHS-Kinder). Für einen Teil der Schülerinnen und Schüler sieht die ärztliche Verordnung vor, dass sie auch während des Unterrichtstages das Medikament einnehmen müssen, um die Wirkung über die gesamte Unterrichtszeit aufrechtzuerhalten. Sofern die Lehrkräfte bereit sind, Medikamente selbst zu verabreichen, sollte in jedem Fall zum Haftungsausschluss eine schriftliche privatrechtliche Vereinbarung zwischen ihnen und den Eltern des Kindes getroffen werden (siehe Unbedenklichkeitserklärung). In jedem Fall sollten die Lehrkräfte darauf achten, dass die Schüler/innen die Einnahme von Medikamenten zu abgesprochenen Zeiten einhalten und ihnen die Einnehme ermöglichen. Lehrkräfte dürfen auf freiwilliger Basis nach Einweisung aber alle Aufgaben übernehmen, die durch ärztliche Verordnung den Eltern übertragen wurden, sofern sie in diese Aufgaben eingewiesen werden und diese beherrschen und die Durchführung ohne Gefährdung des Betreuungsauftrages für alle Kinder möglich ist. Zwischen den Eltern und den Lehrkräften bzw. Pflegekräften sollte eine schriftliche privatrechtliche Vereinbarung (Unbedenklichkeitsbescheinigung) mit Haftungsausschluss getroffen werden (s. Muster). Eltern, denen die Verantwortung für gewisse medizinische Maßnahmen durch Ärzte übertragen wurde, sind ebenfalls in der Regel medizinische Laien. Somit kann eine regelmäßige bzw. notfallbedingte Medikamenteneinnahme, eine Sondenernährung, das Wechseln von Sonden, das Katheterisieren, das Absaugen u.ä.m. auch von Lehrkräften und Pflegekräfte ten übernommen werden. Gleiches gilt entsprechend fur die Verabreichung einer Notfallspritze (z.B. bei Diabetes mellitus). Bei Sondenernährung sollte neben der schriftlichen Elterneinwilligung vom behandelnden Arzt ein Ernährungsplan vorliegen, und die Einweisung in die Applikationstechnik bescheinigt werden. Regressansprüche: Sollte die Schülerin oder der Schüler aufgrund einer medizinischen oder pflegerischen Hilfeleistung körperlichen Schaden nehmen, tritt der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. l Nr. 8b SGB VII nur dann ein, wenn sich der Schaden im Rahmen des Schulprogramms ereignet hat. Bringt z.B, eine Schülerin oder ein Schüler bereits vertauschte Medikamente mit in die Schule, und entsteht dadurch ein Schaden, so fällt dies nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wird dagegen eine Lehrkraft bei der Verabreichung einer Spritze angerempelt (Schulgefahr), so tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Sofern in diesem Zusammenhang aufgrund eines besonderen Einzelfalles überhaupt die Frage eines möglichen Regressanspruches des eingetretenen Sozialversicherungsträgers gegen die Lehrkraft zu prüfen ist, kann dies auf der Grundlage des § 110 SGB VII nur bei vorsätzlicher und grob fahrlässiger Verletzung der Pflichten der Fall sein. Die Vorschrift des § 110 SGB VII verdrängt in diesen Fällen als selbständige, speziellere Rückgriffsregelung die Haftungsregelung des § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 GG. Schulsport / Schwimmen / Schulwanderfahrten: Für alle Schülerinnen und Schüler besteht im Grundsatz die Verpflichtung zur Teilnahme am Sportunterricht / Schwimmen sowie an Schulwanderfahrten. § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Landesverordnung über die schulärztlichen Aufgaben vom 07.03.2003 regelt die Voraussetzungen, unter denen eine vollständige oder teilweise Beurlaubung vom Schulsportunterricht/Schwimmen möglich ist. Wenn auch die Vorschrift so angelegt ist, dass sie vom Interesse der Schülerin bzw. des Schülers ausgeht, der Verpflichtung zur Teilnahme am Sportunterricht aus gesundheitlichen, Gründen, nicht nachkommen zu müssen, so hat sie ebenso zur Anwendung zu gelangen, wenn die Schülerin bzw. der Schüler trotz gesundheitlicher Einschränkungen u.a. am Sportunterricht teilnehmen möchte und die Schule wegen der gesundheitlichen Risiken dagegen Bedenken erhebt. Im Falle einer teilweisen Befreiung nach Nr. 3 soll eine Aussage über die vertretbaren Belastungen getroffen werden. In begründeten Fällen kann die Schule die Vorlage einer schulärztlichen Bescheinigung verlangen. Für Schulwanderfahrten gelten die Ausführungen zur Teilnahme am Sportunterricht entsprechend. Literatur Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat eine Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer zum Thema „Chronische Erkrankungen als Problem und Thema in Schule und Unterricht" herausgegeben. Sie wurde allen Schulen zugänglich gemacht. Außerdem ist in Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Jugend und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein und der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V. die Broschüre „Sieh mich an, ich sag' Dir was" (ISSN 0935-4379) neu aufgelegt worden und kann beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein, Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel, FAX: 043I-988-5416, angefordert werden. Hartmut Diederley, 13.09.2004, Matthias-Leithof-Schule, Schule für Körperbehinderte, Lübeck
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