Schmuckverbot

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Schmuckverbot zulässig
Das Tragen von Schmuck bei der Arbeit darf und muß verboten werden, wenn die Schmuckstücke eine Gefahr für den Träger verursachen·
Nach § 35 Abs. 3 der Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften" (GUV 0.1). dürfen Schmuckstücke - etwa Ringe - und ähnliche Gegenstände beim Arbeiten nicht getragen werden, wenn sie zu einer Gefährdung führen. Dabei kommt es auf die konkreten Umstände im Betrieb an. Ob eine Gefahrenlage vorliegt, kann zuverlässig vom Arbeitsschutzausschuß entschieden werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 21. Oktober 1995 (4 Sa 467/95) entschieden:

Der Fall
Ein Nachtwachenpflegehelfer betreute in der geschlossenen Abteilung einer Fachklinik nachts allein etliche geistig- und mehrfachbehinderte Patienten. Er trüg in erheblichem Umfang Schmuck am Ohr, in der Augenbraue und am Nasenflügel. Da durch Klinikanweisung dem Pflegepersonal das Tragen von Schmuck unter Hinweis auf die Unfallverhütungsvorschrift untersagt war, mahnte der Arbeitgeber ihn deshalb ab.
Daraufhin klagte der Beschäftigte auf Entfernung dieser Abmahnung aus der Personalakte: Schließlich gehöre es zu seinem Persönlichkeitsrecht, auch bei der Arbeit Schmuck zu tragen. Außerdem würden die Patienten medikamentös so ruhig gestellt, daß sie in keiner Weise Angriffsneigungen gegen die Pflegeperson entwickelten. Im übrigen sei er schon aufgrund seiner Körpergröße ohne weiteres in der Lage, sich etwaige Angriffe „vom Leibe zu halten", so daß Patienten überhaupt nicht in die Nähe des getragenen Schmucks vordringen könnten.
Das Gericht aber sah es anders: Eine Abmahnung müsse nur entfernt werden, wenn sie ungerechtfertigt war. Das sei hier nicht der Fall. Denn das Schmuckverbot beruhe auf den Unfallverhütungsvorschriften des Unfallversicherungsträgers und solle Gefährdungen vermeiden.

Arbeitsschutzausschuß sah Gefährdung
Das Gericht folgte damit den Ausführungen des Unternehmers, der vorgetragen hatte, daß der Schweregrad der Behinderung bei den meisten der zu betreuenden Patienten äußerst hoch sei: Gefährdungen durch Erregungszustände, cerebrale Krampfanfälle und neurologisch bedingte Bewegungsstörungen seien weder vollkommen vermeidbar noch ausgesprochen selten. Einige Patienten klammerten sich massiv an jeden Betreuer. Andere zeigten aggressives Verhalten gegen Personen.
Mit seiner Auffassung hatte sich der Unternehmer - zu Recht, so das Gericht -maßgeblich auf die Gefahrenbeurteilung durch den Arbeitsschutzausschuß der Klinik bezogen. Auch dieser hatte eine ernsthafte Gefährdung gesehen: Der Mitarbeiter komme nämlich während seiner Tätigkeit - die er nachts zudem allein ausführe und bei der er daher keine sofortige Hilfe
durch Kollegen erwarten könne - fortlaufend in sehr engen Körperkontakt mit den zu pflegenden Personen. "
Eine Gefährdung des Mitarbeiters bestehe vor allem darin, daß Patienten krankheitsbedingt durch unkontrollierte Bewegungen oder aggressives Verhalten direkt oder über Geräte, Schläuche oder andere Gegenstände an den zahlreichen Ringen und Steckern reißen oder hängen bleiben und massive Kopfverletzungen im Gesicht und am Ohr hervorrufen könnten.

Fürsorgepflicht
Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Auffassung uneingeschränkt. Danach komme es nicht darauf an, ob Patienten "ruhig gestellt" sind oder nicht. Auch verkenne der Hinweis des Nachtwachenpflegehelfers auf sein Persönlichkeitsrecht, daß es hier nicht um die Frage des individuellen Geschmacks oder persönlicher Wertvorstellungen gehe, sondern darum, daß im Interesse der von ihm übernommenen Aufgaben - nämlich einer komplikationslosen Betreuung der Patienten - die Anordnung geboten sei.
Würde der Unternehmer nicht zugunsten des Beschäftigten und der Patienten eingreifen, müßte er sich gerade wegen der Unfallverhütungsvorschrift im Verletzungsfalle dem berechtigten Vorwurf einer schwerwiegenden Fürsorgepflichtverletzung ausgesetzt sehen.

Dr. Thomas Molkentin,
Landsunfallkasse Hamburg

[Aus: Sicherheit im öffentlichen Dienst, 6/96, Hrsg. BAGUV, München, Universum-Verlag, Wiesbaden]


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