Versicherungsschutz auf Schulwegen
Während des Schulbesuches sind Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender
und berufsbildender Schulen grundsätzlich unfallversichert. Jeder Schüler muß
aber auch täglich Wege zurücklegen, um am Unterricht teilnehmen zu können.
Daher erstreckt sich der Versicherungsschutz nach § 550
Reichsversicherungsordnung (RVO) auch auf Wegeunfälle.
Ein Wegeunfall liegt vor, wenn ein Versicherter zur Aufnahme seiner versicherten
Tätigkeit den Ort der Tätigkeit aufsuchen will oder nach ihrer Beendigung den
Ort der Tätigkeit verlassen hat und auf dem Weg einen Unfall erleidet.
Die versicherte Tätigkeit eines Schülers ist die Teilnahme an schulischen
Veranstaltungen, wie Unterricht, Arbeitsgemeinschaften, Wandertagen und
Schulfesten. Ort der Tätigkeit ist somit zumeist die Schule.
In der Regel wird der Weg zur Schule von der Wohnung der Eltern aus angetreten,
und der Rückweg endet auch dort wieder. Es sind allerdings auch andere
Ausgangsund Zielpunkte des Weges möglich, wie z.B. die Wohnung der Großeltern
oder eines Mitschülers.
Voraussetzung für den Unfallversicherungsschutz auf diesen Wegen ist aber, daß
- der Weg zur Schule von dem Vorhaben des Schülers geprägt ist, am Unterricht
teilzunehmen,
- die Dauer des Aufenthaltes beispielsweise in der Wohnung der Großeltern so
erheblich ist, daß der Aufenthalt nicht lediglich eine kurzfristige private
Unterbrechung des versicherten Weges zwischen Wohnung und Schule darstellt,
- der Weg in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Schulweg steht. Dabei
ist die Länge des Weges nicht alleine entscheidend.
Der versicherte Weg zwischen Wohnung und Schule beginnt mit dem Verlassen des
häuslichen Bereiches - d.h. nach Passieren der Außenhaustür. Mit Erreichen
des Schulgeländes endet der Weg. Beginn und Ende des Rückweges sind
entsprechend geregelt.
Der Weg zur bzw. von der Schule muß in einem sachlichen, zeitlichen und
räumlichen Zusammenhang mit dem Schulbesuch stehen. Dabei sind jedoch auch
immer die kindliche Psyche und die typischen Verhaltensweisen, die sich aus dem
Miteinander von Kindern und Jugendlichen ergeben, zu berücksichtigen.
Der sachliche Zusammenhang ist gegeben, wenn der Weg zurückgelegt wird, um am
Unterricht teilzunehmen oder die Schule nach Unterrichtsende zu verlassen. Auch
bei mehrfachen Wegen zur bzw. von der Schule kann der Zusammenhang zum
Schulbesuch gegeben sein, entscheidend ist dabei der Zweck des Weges.
Geht beispielsweise ein Schüler während einer Pause in eine nahegelegene
Bäckerei, um sich für die Pause ein Brötchen zu kaufen, besteht auf dem Weg
zwischen Schule und Bäckerei Versicherungsschutz. Während des Aufenthaltes in
der Bäckerei ist dieser jedoch unterbrochen.
Generell ist ein versicherter Weg als unterbrochen anzusehen, wenn private
Handlungen vorgenommen werden, wie z.B. auch das Spielen auf dem Schulhof nach
Unterrichtsende. Grundsätzlich besteht für die Dauer der Unterbrechung kein
Versicherungsschutz. Hingegen sind Schüler, die ihren Schulweg mit
öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, auch während notwendiger
Wartezeiten vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtsende versichert, und damit
auch alle Handlungen, die den Verhaltensweisen von Schülern des jeweiligen
Alters entsprechen, wie etwa Spielereien.
Der zeitliche Zusammenhang zwischen Schulbesuch und Weg besteht, wenn der
Antritt des Weges zur bzw. von der Schule zum Beginn oder Ende des Unterrichtes
in einem angemessenen Verhältnis steht.
Durch die Dauer einer privaten Unterbrechung des Weges kann der zeitliche
Zusammenhang zwischen Schulbesuch und Weg gelöst werden. Dies führt dazu, daß
der Versicherungsschutz nach dem Ende der Unterbrechung nicht wiederauflebt. Auf
dem restlichen Weg steht der Schüler also nicht mehr unter
Unfallversicherungsschutz. Nach der Rechtsprechung bewirkt eine Unterbrechung
von mehr als zwei Stunden den Verlust des Versicherungsschutzes.
Der räumliche Zusammenhang zwischen Schulbesuch und Weg ist dann gegeben, wenn
es sich um den direkten Weg nach und von der Schule handelt.
Es muß nicht der kürzeste Weg sein. In der Wahl des Weges ist der Schüler
grundsätzlich frei. Z.B. könnte ein Schüler einen längeren Weg zur Schule
benutzen, da auf diesem Weg Fahrradwege vorhanden sind.
Auch die Art der Fortbewegung und die Wahl des Beförderungsmittels ist dem
Schüler bzw. den Eltern freigestellt.
Der Unfallversicherungsschutz kann auf Umwegen und Abwegen entfallen.
Ein Umweg ist ein Weg, der in Richtung des Zieles (Schule bzw. Wohnung) führt,
aber aus privaten Gründen gewählt wird, nicht dem direkten Weg entspricht und
ihn erheblich verlängert.
Umwege können versichert sein, wenn sie nach den Gesamtumständen als
unbedeutsam oder unerheblich anzusehen sind.
Ein Abweg ist ein Weg, der vom Ziel weg in eine andere Richtung oder über das
Ziel hinausführt. Abwege sind immer unversichert, ohne Rücksicht auf deren
Umfang. Mit dem Wiedererreichen des direkten Weges lebt der Versicherungsschutz
allerdings wieder auf, es sei denn, die Dauer des Abweges hat den
Versicherungsschutz endgültig gelöst.
Weicht ein Schüler vom direkten Weg dagegen ab, weil er mit anderen
berufstätigen oder versicherten Personen eine Fahrgemeinschaft hat, besteht
Versicherungsschutz auch auf diesen Um- oder Abwegen.
Der Versicherungsschutz des § 550 RVO umfaßt alle Gefahren, denen der Schüler
bei der Zurücklegung des Weges ausgesetzt ist, z.B. Stolpern oder Umknicken
während des Gehens, Sturz mit dem Fahrrad, herabfallende Dachziegel.
Unversichert sind dagegen Ereignisse, die ihre Ursache in der Person des
Schülers haben, wie z.B. ein Sturz auf dem Schulweg durch plötzliche
Übelkeit.
Hans Imo ist Geschäftsführer beim Gemeindeunfallversicherungsverband Rheinland-Pfalz,
Andernach
Auszug aus:
pluspunkt 3/94
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Siehe auch im Buch "Vollmar"!
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Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein