Toleranz | Migranten | Seite drucken |
§ 4 Schulgesetz Schleswig-Holstein - Bildungs- und Erziehungsziele |
Saarbrücker Erklärung der Kultusministerkonferenz zu
Toleranz und Solidarität
Vom 9. Oktober 1992 (NBl. MBWKS Schl.-H. S. 331)
Angesichts der neuerlichen Eskalation von Gewalt in Deutschland gibt die
Kultusministerkonferenz folgende Erklärung ab:
Die Würde aller Menschen ist unantastbar. Gewalttaten sind durch nichts zu rechtfertigen.
Die jüngsten Gewaltakte richten sich gegen Ausländer, Minderheiten und Schwache in
unserer Gesellschaft; sie treffen damit den Kern unseres demokratischen Rechtsstaates. Wer
Asylbewerberheime anzündet, wer Schlägern und Brandstiftern heimlich oder offen Beifall
spendet, verabschiedet sich aus der Gemeinschaft der Demokraten. Kein ungelöstes Problem
und kein Mißstand rechtfertigen die Anwendung von brutaler Gewalt.
Die jüngsten gewalttätigen Ausschreitungen sind eine Herausforderung für Polizei und
Justiz, aber auch für Bildung und Erziehung. Die Kultusminister und -senatoren sind daher
entschlossen, Initiativen anzuregen und zu stärken, die in Schule und Gesellschaft ein
mitmenschliches Verhalten fördern. Dazu gehört es vor allem,
- eine glaubwürdige Politik der Achtung vor anderen Kulturen und der Verantwortung für
die eine Welt zu betreiben,
- Lebensräume zu erhalten und zu schaffen, die Kindern und Jugendlichen Geborgenheit und
Perspektiven vermitteln,
- die Werte der Toleranz und Solidarität in der jungen Generation zu festigen.
Die Kultusministerkonferenz hat bereits am 29.11. 1985 Empfehlungen zur kulturellen
Verständigung mit ausländischen Mitbürgern ausgesprochen. Sie hat in ihrer
Plenarsitzung am 10./11.10.1991 in Dresden alle ausländerfeindlichen Tendenzen und damit
verbundene gewalttätige Aktionen aufs schärfste verurteilt. Die Kultusministerkonferenz
fordert erneut alle Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland auf, ihren Einsatz für ein
verständnisvolles Miteinander ausländischer und deutscher Kinder und Jugendlicher zu
verstärken, um aufkeimenden Fremdenhaß und Gewalt abzubauen. Dabei stehen vor allem
Maßnahmen im Vordergrund, die der Begegnung und der Vertiefung des Verständnisses
dienen.
Als Maßnahmen dieser Art eignen sich zum Beispiel:
- Klassen- und Schulfeste mit besonderem Schwerpunkt auf der Kultur ausländischer
Mitschüler,
- Partnerschaften und Brieffreundschaften mit ausländischen Schulen und Schülern,
- Schulische Nachbarschaftshilfe für ausländische Mitbürger,
- Besuche in Asylbewerberheimen,
- Auszeichnung von Schülern und Klassen, die sich besonders um Toleranz und Solidarität
bemühen.
Solche Maßnahmen helfen, auch vorhandene Formen leiser Gewalt in der Schule abzubauen.
Die Länder werden ihre Erfahrungen und Materialien in diesem Bereich gegenseitig
austauschen.
Allein ist die Schule allerdings mit dem Abbau von Fremdenhaß und Gewalt überfordert.
Die im Grundgesetz formulierten ethischen Prinzipien unseres Staatswesens müssen auch im
Elternhaus gelebt werden und Maßstab politischen Handelns sein. Eine besondere
Verantwortung kommt den Medien zu; Funk und Fernsehen haben gerade bei Jugendlichen
vielfältige Möglichkeiten, für Toleranz und Solidarität zu werben. Die
Kultusministerkonferenz wird alle Initiativen unterstützen, durch gezielte Information
und Aufklärung gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu wirken.