Videoüberwachung   Seite drucken

Anforderung an den und Hinweise zum Einsatz von Videoüberwachungsanlagen an Schulen während des Schulbetriebs
(NBI.MSB Schl.-H. 2018 S.289)

zuletzt geändert durch Erlass zur Anpassung schulrechtlicher Erlasse an die Verordnung (EU) 2016/679

a) Ausgangslage
Jede Videoüberwachung stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen dar. Verfassungsrechtlich greift die Verarbeitung personenbezogener Bilddaten in das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Artikel 2
Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz der betroffenen Person ein. Unmittelbar betroffen ist insbesondere zudem das Recht der betroffenen Person am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz). Gleiches gilt für den
Einsatz von Kameraattrappen. Findet insoweit zwar tatsächlich keine Videoüberwachung statt, so beeinflusst eine Vortäuschung dessen jedoch in derselben Weise und Intensität die Verhaltensweise der betroffenen Person. Für die betroffene Person ist es nämlich in der Regel nicht erkennbar, ob es sich um eine funktionsfähige Kamera oder um eine Attrappe handelt. Eine tatsächliche oder auch nur vorgetäuschte Videoüberwachung kann mithin nur rechtmäßig sein, wenn sie auf einer entsprechend bestimmten Rechtsgrundlage erfolgt.


Gemäß § 14 Absatz 1 Landesdatenschutzgesetz (LDSG) (Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume) ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) nur zulässig,
soweit dies zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen oder zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Hierbei dürfen Daten einschließlich Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 verarbeitet werden. Die automatisierte Verarbeitung biometrischer Daten zur Identifizierung natürlicher Personen ist nicht zulässig.

Öffentlich zugängliche Räume sind diejenigen Bereiche des Schulgeländes und des Schulgebäudes, die frei oder nach für jedermann erfüllbaren Voraussetzungen betreten werden können. Während des Schulbetriebs sind dies in der Regel allerdings nur der Eingangsbereich der Schule sowie die entsprechende Zuwegung mitsamt den Stellflächen für PKW oder Fahrräder; nicht hingegen der Schulhof, das Lehrerzimmer sowie die für den Unterrichts- und sonstigen Schulbetrieb durch Lehrkräfte, weiteres Personal der Schule, Schülerinnen und Schüler sowie ggf. durch Eltern genutzten Räumlichkeiten. Diese Schulbereiche sind während des Schulbetriebs nach ihrem Zweck bzw. ihrer Widmung nur von einem bestimmten Personenkreis zu betreten, der eine spezifische Bindung (z. B. Schul- oder Dienstverhältnis) zur Schule hat; wie es bei Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften, weiterem Personal der Schule und auch Eltern der Fall ist.

Ungeachtet dessen ist eine Videoüberwachung während des Schulbetriebs in den genannten nicht öffentlich zugänglichen Bereichen der Schule deshalb unzulässig, da hierdurch die Persönlichkeitsrechte insbesondere der Schülerinnen
und Schüler, der Lehrkräfte und des weiteren Personals der Schule unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Es überwiegen also die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und das weitere Personal der Schule sind rechtlich zum Aufsuchen der Schule verpflichtet. Ferner ist der pädagogische Auftrag der Schule zu berücksichtigen. Mit diesem ist es im Allgemeinen nicht zu vereinbaren, wenn die Schülerinnen und Schüler in den genannten Bereichen der Schule durch Videokameras beobachtet werden oder sich entsprechend beobachtet fühlen müssen. Mithin ist eine Videoüberwachung während des Schulbetriebs im Schulgebäude und auch auf dem Schulhof unzulässig.


b) Voraussetzungen für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage Die Überwachung von Teilen des Schulgrundstücks als im Einzelfall öffentlich zugänglicher Raum (Eingangsbereich (auch Nebeneingänge) mitsamt Zuwegung und PKW/FahrradStellflächen sowie nicht für den Schulbetrieb genutzte Bereiche) ist insbesondere unter folgenden Bedingungen als zulässig anzusehen (§ 14 LDSG, Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679):

1. Es kommt wiederholt und in kurzen Abständen zu Beschädigungen, Vermüllungen oder Eigentumsdelikten.

2. Andere Maßnahmen, wie z. B. verbesserte Beleuchtung, verstärkte Streifenaktivität der Polizei etc., erweisen sich als wirkungslos.

3. Die Verursacher sind nur selten zu ermitteln.

Die Voraussetzungen und die Gründe für die Einrichtung einer Videoüberwachung sind schriftlich zu dokumentieren. Die Voraussetzungen müssen dauerhaft vorliegen und sind daher regelmäßig zu überprüfen und zu bewerten.
Zusätzlich sind insbesondere folgende Punkte
zu beachten:

1. Soll außerhalb des Schulbetriebs eine Videoüberwachung auch von weiteren Teilen des Schulgrundstücks - insbesondere: Schulhof - erfolgen, ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die Schülerinnen und Schüler während des Schulbetriebs nicht durch vorhandene, jedoch nicht aktivierte Kameras beobachtet fühlen. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung außerhalb des Schulbetriebs sind gesondert zu prüfen.

2. Die Installation sowie Inbetriebnahme einer Videoüberwachungsanlage in Verantwortlichkeit der Schule unterliegt der örtlichen Mitbestimmung. Liegt die Verantwortlichkeit beim Schulträger, beteiligt dieser den örtlichen Personalrat an der Schule über die Schulleitung gemäß den mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben.

3. Beim Betrieb der Videoüberwachungsanlage sind zwingend die Vorgaben und Voraussetzungen gemäß § 14 Absatz 2 bis 5 LDSG zu beachten. Dies betrifft das Erkennbarmachen der Maßnahme, die Rechte der betroffenen Personen, Informationspflichten des Verantwortlichen, die Zulässigkeit der Verarbeitung der erhobenen Daten zu anderen Zwecken sowie die Löschung der Daten.

4. Es sind organisatorische Maßnahmen in schriftlicher Form zu treffen, die mindestens folgende Regelungen enthalten:

> Zugang zum Gerät. Ist der Schulträger der Verantwortliche der Maßnahme, darf das Aufzeichnungsgerät zwar in der Schule untergebracht sein, die Zugangsberechtigung muss aber im Verantwortungsbereich des Schulträgers verbleiben.
> Festlegung, wer bei Schadensvorkommnissen berechtigten Zugang zu den aufgezeichneten Daten haben darf.
> Festlegung, wie mit Aufzeichnungen umzugehen ist, die Schadensvorkommnisse dokumentieren. § 14 Absatz 3 und 4 LDSG ist zu beachten.
> Festlegung von Speicherungsdauer und Vorgängen der Datenlöschung.
§ 14 Absatz 5 LDSG ist zu beachten. Die Datenlöschung soll in einem automatisierten Verfahren erfolgen.

Im Rahmen des für das Schulleben wesentlichen gemeinsamen Wirkens von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften sowie Eltern soll der Schulkonferenz vor Einrichtung einer Videoüberwachung an der Schule die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

c) Verantwortlichkeit für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage
Bevor eine Videoüberwachungsmaßnahme an einer Schule eingerichtet wird, ist zu klären, ob der Schulträger oder die Schule selbst verantwortlich sein soll. Unter Beachtung der Ausführungen zu a) und b) wird in der Regel der Schulträger für die Videoüberwachung verantwortlich sein. Ist zwischen Schulträger und Schule, diese vertreten durch die Schulleiterin oder den Schulleiter, die Verantwortlichkeit für die Videoüberwachung abgestimmt worden, steht damit auch der Verantwortliche gemäß Artikel 4 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2016/679 fest. Eine Teilung oder eine gemeinsame Wahrnehmung dieser Verantwortlichkeit ist nicht zulässig.

2. Die Bekanntmachung „Anforderung an den und Hinweise zum Einsatz von Videoüberwachungsanlagen an Schulen“ vom 11. Mai 2010 (NBl. MBK.Schl.-H. S. 145) wird aufgehoben.


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Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein