Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland |
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - (Auszug)
Vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1) - zuletzt geändert durch
G v. 28.8.2006 I 2034
Artikel 1 [Menschenwürde; Bindung der Staatsgewalt an die Grundrechte]
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist
Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und
unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen
Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die
Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand
darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden.
Artikel 5 [Meinungsfreiheit]
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu
äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen
ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der
Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur
findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht
der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der
Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 7
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes
am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der
bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen
Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private
Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des
Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen,
wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der
wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen
Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den
Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu
versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht
genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung
ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von
Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule
dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Artikel 18 [Verwirkung der Grundrechte]
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit
(Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die
Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das
Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14)
oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die
Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht
ausgesprochen.
Artikel 20 [Staatliche Grundordnung; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer
Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle
Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Artikel 33 [Staatsbürgerliche Gleichstellung; Öffentlicher
Dienst]
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte
und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung
gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu
öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind
unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner
Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer
Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der
Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem
öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der
hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.
Artikel 34 Haftung bei Amtspflichtverletzung
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm
einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die
Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren
Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff
vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf
der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Artikel 35 [Rechts- und Amtshilfe; Naturkatastrophen]
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts-
und Amtshilfe.
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit
oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und
Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei
anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder
nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer
Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land
Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen
sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als
eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung
erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte
anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des
Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte
einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf
Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr
aufzuheben.
Artikel 100 [Konkrete Normenkontrolle durch Richtervorlage]
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung
ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es
sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des
für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich
um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die
Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit
eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreit zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes
Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten
für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes
von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des
Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das
Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Artikel 103 [Rechtliches Gehör; Rückwirkungs- und
Doppelbestrafungsverbot bei Strafgesetzen]
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt
war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze
mehrmals bestraft werden.
Artikel 109 [Trennung der Haushalte von Bund und Ländern;
gemeinsame Grundsätze; Verordnungsermächtigung]
1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.
(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.
(5) Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im
Zusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin tragen Bund und
Länder im Verhältnis 65 zu 35. Die Ländergesamtheit trägt solidarisch 35 vom
Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten entsprechend ihrer Einwohnerzahl;
65 vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten tragen die Länder
entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Art. 131 [Rechtsverhältnisse ehemaliger Personen des öffentlichen
Dienstes]
Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der Flüchtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienste standen, aus anderen
als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht
oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden, sind durch
Bundesgesetz zu regeln.
Entsprechendes gilt für Personen einschließlich der Flüchtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt waren und aus anderen als
beamten- oder tarifrechtlichen Gründen keine oder keine entsprechende
Versorgung mehr erhalten. Bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes können
vorbehaltlich anderweitiger landesrechtlicher Regelung Rechtsansprüche nicht
geltend gemacht werden.