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Neue Methoden gegen den Streß |
Einsatz von Methoden der Kinesiologie und des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) in Schulen und der Lehrerfortbildung |
Neue
Methoden gegen den Streß
SCHULE AKTUELL, Ausgabe Mai 1996
(NBI.MWFK/MFBWS.Schl.-H.1996)
Das Institut für Praxis und Theorie in der Schule (IPTS), in Schleswig-Holstein
für die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte zuständig, bietet in seinem mehr
als 1000 Veranstaltungen umfassenden Fortbildungsprogramm seit einiger Zeit auch
einige Seminare an, in denen Methoden vermittelt werden, mit denen zum Beispiel
die Konzentrations- und Kommunikationsfähigkeit der Kinder verbessert oder
Streßsituationen in der Klasse besser bewältigt werden können.
Dabei werden unter anderem einzelne Übungen vorgestellt und ausprobiert, die
der "Kinesiologie" oder dem NLP (Neurolinguistisches
Programmieren) entlehnt sind. So wird zum Beispiel verstärkt der Zusammenhang
zwischen körperlicher Bewegung und geistigen Fähigkeiten berücksichtigt; es
werden Übungen vermittelt, die die Lern- und Koordinations- und
Konzentrationsfähigkeit sowie das Kommunikationsvermögen unterstützen sollen.
Diese Kurse wurden auf Wunsch der Lehrkräfte in das Programm aufgenommen und
zuvor von IPTS-Fachleuten auf ihre Tauglichkeit für den Unterricht geprüft.
Die kritische Auseinandersetzung mit den Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen
dieser Methoden ist Bestandteil dieser Fortbildungsseminare. Die Kurse sind Teil
eines breiten Angebotes, das den Lehrkräften einen Überblick über die
unterschiedlichen Methoden vermitteln soll. Sie haben nichts mit den in der
öffentlichen Diskussion stehenden Methoden zu tun, bei denen nicht
pädagogische, sondern Heil- und Therapieprozesse im Mittelpunkt stehen.
Therapieverfahren haben nach Ansicht des schleswig-holsteinischen
Bildungsministeriums in der Schule nichts zu suchen, insbesondere der
"kinesiologische Muskeltest" darf nicht angewendet werden. Gegen den
gelegentlichen Einsatz ausgewählter Übungen aus der EDU-Kinesthetik ist jedoch
nichts einzuwenden, sofern sie unter pädagogischen Gesichtspunkten tauglich
sind und zum Beispiel zur Verbesserung der Wahrnehmung und motorischen
Koordination beitragen. Diese Übungen können einen gewissen Beitrag zum Abbau
von Lernstörungen und Lernhemmungen leisten, sie dürfen jedoch nicht als
Allheilmittel oder als Patentrezept mißverstanden werden. Unter dieser
Prämisse wird auch in anderen Bundesländern verfahren.
Das IPTS in Kiel wird noch in diesem Schuljahr eine Veranstaltung zum Thema
"Neue Lernmethoden für die Schule" anbieten. Dabei sollen Lehrkräfte
und Eltern Gelegenheit erhalten, sich unter anderem auch über die Methoden und
die Probleme des Einsatzes von Kinesiologie, EDU-Kinesthetik und NLP zu
informieren und mit Fachleuten zu diskutieren. Der genaue Termin für diese
Veranstaltung wird noch bekanntgegeben.
Ministerium für Bildung
Wissenschaft, Forschung und Kultur
des Landes Schleswig-Holstein
Staatssekretärin
Gartenstraße 6 24103 Kiel
Telefon (043 f J 988-2300
Schulleiterinnen und Schulleiter aller allgemeinbildenden und beruflichen
Schulen
nachrichtlich Schulämter, IPTS, Landeselternbeiräte,
Landesschülervertretungen, Hauptpersonalrat (L)
Kiel, 19.09.1996
Jü37-15
Einsatz von Methoden der Kinesiologie und des Neurolinguistischen
Programmierens (NLP) in Schulen und der Lehrerfortbildung
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur hat sich nach
Hinweisen von Elternvertretungen und Nachfragen von Lehrkräften zusammen mit
dem IPTS näher mit Methoden der Kinesiologie und des NLP befaßt.
Die Ergebnisse einer am 21. August 1996 in Kiel durchgeführten
IPTS-Veranstaltung zum Themenkreis "Psychotechniken in der Schule? NLP und
Kinesiologie auf dem Prüfstand" haben leider keine Klarheit über beide
Methoden gebracht. Festgestellt wurde vielmehr die nicht gegebene
Wissenschaftlichkeit der Verfahren, die Nähe vieler Anbieter derartiger
Methoden zum Esoterikmarkt
und der unklare pädagogische, psychologische, physiologische und philosophische
Überbau.
Die Resultate der IPTS-Veranstaltung veranlassen mich zu folgenden
Entscheidungen:
l. Das IPTS wird Fortbildungsveranstaltungen zum Themenkreis dieser Methoden
zunächst für die Dauer eines Jahres aussetzen. Diese Entscheidung gilt auch
für SCHILF-Veranstaltungen.
2. Bei einer Vielzahl der durch diese Methoden vermittelten Übungen handelt es
sich im weiteren Sinne um heilkundliche, therapeutische, fachmedizinisch
allerdings nicht allgemein anerkannte Verfahren, die mit den für Schule und
Unterricht vorgegebenen Bildungszielen nicht in Einklang zu bringen sind.
Techniken wie Kinesiologie und NLP als Konglomerate, d. h. in einer Gemengelage
dargeboten, geraten in die Nähe therapeutischer Alltagshilfen und Heilslehren;
sie dürfen nicht im Unterricht eingesetzt werden.
Gegenüber dem reflektierten und didaktisch eingebetteten Einsatz von einzelnen
Elementen des NLP oder der Kinesiologie, die auch als Inhalte anderer Methoden
längst bekannt und insbesondere in der Sonderpädagogik z. B. als
Konzentrationsübungen üblich sind, bestehen keine Bedenken. Techniken u.a. wie
der "Muskeltest" und "Energieübungen" dürfen andererseits
in der Schule grundsätzlich nicht eingesetzt werden.
Ich werde die Denkpause nutzen, um gemeinsam mit dem IPTS, Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern sowie Vertreterinnen und Vertretern der o.a. Methoden zu
überprüfen, welche methodischen Elemente der genannten Verfahren eventuell
tatsächlich der Lehrerfortbildung und dem Unterricht dienlich sein können,
ohne die Gefahr einer mißbräuchlichen Handhabung zu bergen.
Bei der Prüfung wird davon ausgegangen, daß unsere wissenschaftlich und
didaktisch ausgebildeten Lehrkräfte grundsätzlich in der Lage sind,
Unterrichtsmethoden zu überprüfen, auszuwählen und unter Berücksichtigung
religiöser und weltanschaulicher Grundsätze, "... nach denen die Eltern
ihre Kinder erzogen haben wollen ..." (§
4 Abs. 6 SchulG), im Unterricht einzusetzen.
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Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, daß Schulen gegenüber Eltern
grundsätzlich keine Empfehlungen für private Institute aussprechen dürfen.
Ich bitte um Bekanntgabe meiner Entscheidungen in den Kollegien.
Mit freundlichen Grüßen
Gyde Köster
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[9,1996]