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Einrichtung eines Schülerlotsendienstes
Erl. d. MJ vom 24. September 1953 (Amtsbl. Schl.-H. S. 442)
Bezug: Mein Erlaß - Pol. Abt. I 45 Nr. 26 - vom 7. April 1953 (nicht
veröffentlicht).
Wie mir die Landesverkehrswacht in Kiel mit Schreiben vom 16. September 1953
mitteilt, ist die Frage der Haftpflichtversicherung für die Schülerlotsen im
Lande Schleswig-Holstein nunmehr geklärt, so daß dem Einsatz der Lotsen nichts
mehr im Wege steht.
Die erstmalige Indienststellung der Schülerlotsen soll möglichst im Zuge der
Bundes- und Verkehrssicherheitswoche in der Zeit vom 18. Oktober bis 24. Oktober
1953 erfolgen. Die von der Firma Ford-Werke A. G., Köln, gestiftete Ausrüstung
für die Schülerlotsen wird durch die Verkehrswachten zur Verfügung gestellt.
Letztere arbeiten engstens mit den Schulen und der Verkehrspolizei zusammen. Die
Auswahl der für den Lotsendienst vorgesehenen Schüler und Schülerinnen
erfolgt durch die Schulen.
Die Ausbildung der Schülerlotsen ist durch geeignete Beamte der mot.
Verkehrskommandos nach den diesem Erlaß als Anlage beigefügten Richtlinien
für die Einrichtung eines Schülerlotsendienstes durchzuführen. Es ist
besonderer Wert darauf zu legen, daß die Schülerlotsen auch nach erfolgter
Ausbildung ständig von der Verkehrspolizei weiter betreut werden.
Grundsätzlich gilt, daß die Schülerlotsen keine polizeilichen Befugnisse
haben.
Nach den bisher in verschiedenen Bundesländern gesammelten Erfahrungen hat sich
der Schülerlotsendienst gut bewährt. Er spornt die Schüler und Schülerinnen
zu einem disziplinierten Verhalten im Straßenverkehr an, dient der
Charakterschulung und trägt zu einer Verminderung der Verkehrsunfälle bei.
Aus den vorgenannten Gründen begrüße ich die Einrichtung des
Schülerlotsendienstes auch im Lande Schleswig-Holstein und erwarte, daß sich
alle Polizeidienststellen nachhaltig für eine erfolgreiche Tätigkeit der
Schülerlotsen einsetzen.
Ich bitte, alsbald mit den örtlichen Verkehrswachten und Schulen Verbindung
aufzunehmen.
Anlage
Richtlinien für die Einrichtung eines Schülerlotsendienstes
1. Aufgaben und Organisation
Der Schülerlotsendienst soll die 6- bis 1Ojährigen Schüler und Schülerinnen
auf dem Wege vor den Gefahren des Straßenverkehrs schützen. An
verkehrsgefährdeten Punkten innerhalb des Schulbezirks übernehmen mindestens
13 Jahre alte und dazu geeignete Schüler und Schülerinnen als freiwillige
Helfer die Aufgabe, ihre jungen und noch unerfahrenen Mitschüler möglichst
gefahrlos über die Fahrbahn zu führen. Bei Einrichtung dieses
Verkehrshilfsdienstes bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen
Verkehrwacht, Polizei und Schulverwaltung. Das gilt sowohl für die Auswahl der
Einsatzstellen innerhalb des Schulbezirks als auch für die Heranziehung
geeigneter Schüler und Schülerinnen. Geeignet sind nicht immer die
intelligentesten, sondern vorwiegend die tatkräftigsten Kinder.
Je nach Lage der örtlichen Verhältnisse ist es notwendig, ein System von
Zugangswegen zu den mit Lotsen besetzten Übergängen auszuarbeiten. Zugunsten
der Sicherheit werden hierbei kleinere Umwege und damit geringe Zeiteinbußen in
Kauf genommen werden müssen. Auch den Eltern sollen diese etwa festzulegenden
neuen Zugangswege mit der Bitte bekanntgegeben werden, deren Einhaltung den
Kindern zur Pflicht zu machen.
Vor Verwendung der Schüler und Schülerinnen im Schülerlotsendienst muß die
schriftliche Einwilligung der Eltern eingeholt werden, auch dürfen
grundsätzlich nur solche Kinder zum Lotsendienst herangezogen werden, die bei
einer Schüler-Unfallversicherung versichert sind.
An einer Einsatzstelle sollen je nach den Verkehrsverhältnissen zwei bis drei
Lotsen tätig werden. Der Einsatz erstreckt sich jeweils auf 15 bis 20 Minuten
in der Zeit vor Schulbeginn und nach Schulschluß. Zur Vermeidung unnötiger
Zeitverluste nehmen die Lotsen ihre Ausrüstung mit nach Hause.
Um den Schulausfall bei den als Lotsen eingesetzten Schülern und Schülerinnen
nicht allzu groß werden zu lassen, empfiehlt sich der Einsatz von zwei Gruppen
im Wechsel von 2, 8 oder 14 Tagen. Am Jahresschluß sollten den freiwilligen
Helfern für ihren Einsatz Anerkennungen in Form kleiner Geschenke, Diplome oder
auch Eintrittskarten zu geeigneten Veranstaltungen gegeben werden.
Kurz vor Einsatz des Schülerlotsendienstes sollte die örtliche Presse gebeten
werden, ihre Leser mit Sinn und Zweck dieser Einrichtung bekanntzumachen, damit
insbesondere die Kraftfahrzeugführer sich darauf einstellen können.
2. Ausrüstung
Unerläßlich für eine Beachtung der Lotsen im Straßenverkehr und damit für
ihr erfolgreiches Auftreten ist eine im gesamten Bundesgebiet einheitliche
Ausrüstung. Diese Ausrüstung der Schülerlotsen ist von der Firma Ford-Werke
A.G., Köln, gestiftet worden. Sie besteht aus einem weißen Bandelier, weißen
Koppel und einer rot-weißen Kelle. Außerdem dient ein Dienstbuch für den
Lotsen als Berechtigungsnachweis und gleichzeitig zum Eintragen der einzelnen
Dienstleistungen und besonderen Vorkommnisse.
Die Ausrüstung soll der äußeren Kenntlichmachung gegenüber anderen Schülern
dienen, darüber hinaus aber auch die motorisierten Verkehrsteilnehmer und
sonstigen Fahrzeugführer darauf aufmerksam machen, daß an dieser Stelle
Schulkinder die Straße überqueren und deshalb besondere Vorsicht am Platze
ist.
3. Ausbildung
Erfolgreicher Einsatz der Lotsen setzt neben sorgfältiger Auswahl der Schüler
und Schülerinnen eine zweckentsprechende Ausbildung voraus. Diese Aufgabe wird
in erster Linie der Verkehrspolizei zufallen, wobei der praktischen Ausbildung
an Ort und Stelle eine theoretische Schulung vorausgehen sollte.
Schwerpunkte der Schulung müssen sein:
1. das Verhalten der Fußgänger im Straßenverkehr,
2. das Verhalten der Fahrzeugführer im Straßenverkehr,
3. die Zeichengebung der Verkehrsteilnehmer.
Es ist unerläßlich, daß die für den Lotsendienst vorgesehenen Schüler und
Schülerinnen mit dem Straßenverkehr aus der Perspektive des Kfz.-Führers und
des Verkehrspostens vertraut gemacht werden. Eine flüchtige Einführung und das
Vertrauen in die Anpassungsfähigkeit und Intelligenz der Jugendlichen genügen
nicht.
Keinesfalls dürfen die Lotsen willkürlich in den Ablauf des Verkehrs
eingreifen. Den Schülerlotsen ist insbesondere klar zu machen, daß sie über
keine polizeilichen Befugnisse verfügen und daß sie sich auf die ihnen
zugewiesenen Aufgaben zu beschränken haben.
Ihr Dienst soll sich unter Beachtung der nachfolgenden Regeln vollziehen, deren
gewissenhafte Einhaltung den Schülern und Schülerinnen immer wieder
eingeschärft werden muß:
a) Kein unnötiges Führen einzelner Kinder, das den Verkehr behindern. würde,
vielmehr Sammlung von Gruppen, die indessen nicht zu groß werden dürfen.
b) Der Straßenverkehr darf nicht angehalten werden. Die Gruppen dürfen jeweils
nur dann über den Fahrdamm geführt werden, wenn es die Verkehrslage zuläßt
d. h. wenn sich kein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe befindet. Hierbei darf die
Kelle lediglich als Hinweis für den Fahrzeugverkehr hochgehoben werden.
c) An Übergängen mit besonders lebhaftem Verkehr sollen die Kinder notfalls
bis zur Fahrbahnmitte geleitet und dann bei Eintritt einer weiteren
Verkehrslücke über die andere Hälfte der Fahrbahn geführt werden.
Erst wenn Schule und Polizei die Gewißheit haben daß der Lotse seiner Aufgabe
gewachsen ist, erhält er seine Ausrüstung und kann seine Tätigkeit beginnen.
Während der Anlaufzeit (etwa zwei bis drei Wochen) soll die Tätigkeit der
Lotsen durch die Polizei in möglichst unauffälliger Weise überwacht werden.
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Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein